© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/22 / 11. März 2022

„Schlag gegen Putins Kriegsmaschine“
USA: Präsident Joe Biden verkündet Importstopp für russisches Öl / Erste offizielle Rede zur Lage der Nation sorgt für Kritik
Liz Roth

Nun also doch: US-Präsident Joe Biden hat am Dienstag einen Importstopp für russisches Erdöl und Gas verkündet. Dies sei „ein starker Schlag gegen Putins Kriegsmaschine“, erklärte Biden. Der Schritt sei mit den Verbündeten in Europa abgesprochen. „Wir können diesen Schritt gehen, die Europäer nicht“, so der 79jährige mit Blick auf die unterschiedlichen Abhängigkeiten. Doch natürlich werde es „auch hier in den Vereinigten Staaten Kosten geben“. Etwa sieben Prozent der amerikanischen Ölimporte stammen derzeit aus Rußland. 

Wegen des Krieges in der Ukraine war der Druck auf die US-Regierung auch aus dem Kongreß zuletzt extrem gestiegen, zu den bereits verhängten Sanktionen ein Einfuhrverbot für russisches Öl hinzuzufügen. Bidens erste Rede zur Lage der Nation in der vergangenen Woche hatte den Druck nicht vermindert. Auch wenn viele Mainstream-Medien seine Worte als „einigend“ lobten, hagelte es dennoch Kritik von allen Seiten. Selbst das Volk schien weniger interessiert an seinen Worten als bei vergangenen Präsidenten. Rund 38 Millionen Amerikaner schalteten am vergangenen Dienstag ein, um die Rede zu sehen – „die niedrigste Einschaltquote für die erste Rede eines Oberbefehlshabers seit mindestens 30 Jahren“, stellte die New York Post fest. Kommentatoren aus beiden politischen Lagern betonten einen Mangel an präziser Strategie besonders in bezug auf den Krieg zwischen Rußland und der Ukraine. Die Polit-Plattform „The Hill“ betonte, daß Biden in seiner einstündigen Rede mehr von einer „Wunschliste“ sprach als von einer Strategie, die das „amerikanische Volk einige“, „wirtschaftlich vorwärtsbringe“ und die „endlosen Kriege stoppe“. 

Sogar die Journalisten der Washington Post, bekannt für ihre freundliche Haltung gegenüber den Demokraten, boten reihenweise Verbesserungsvorschläge an. „Er klopfte sich lediglich selbst auf die Schulter für die großartige Arbeit, die er geleistet hat, um die Welt zu versammeln und Putin zu bestrafen“, kommentierte Marc Thiessen. „Er hat nicht erklärt, was auf dem Spiel steht, wenn Putin Erfolg hat. Und er hat die Vereinigten Staaten nicht verpflichtet, alles Notwendige zu tun, um der Ukraine zu helfen, ihn zu stoppen. Und er hat es versäumt, Putin die klare Botschaft zu übermitteln, daß seine Aggression nicht hingenommen wird.“

Kamala Harris kümmert sich lieber um ein „LGBTQ+“-Gesetz

Die Republikaner nutzten derweil einen erneuten sprachlichen Lapsus Bidens, der in seiner Rede an einer Stelle die Ukraine mit dem Iran verwechselt hatte. Der republikanische Führer der Minderheit im Senat, Mitch McConnell, spottete: „Der Präsident hat über eine Stunde lang gesprochen, aber China nur zweimal erwähnt, und beide Male hatten nichts mit nationaler Sicherheit oder militärischer Modernisierung zu tun. Der Präsident erwähnte den Iran nur ein einziges Mal, und das buchstäblich aus Versehen.“

Nikki Haley, die ehemalige Botschafterin der Vereinigten Staaten bei den Vereinten Nationen, kritisierte mit scharfen Worten den fortgesetzten Kauf von Öl aus Rußland. „Wir wissen, daß wir Putin nur dann einen Schlag versetzen können, wenn wir seinen Energiesektor treffen. Wir sollten jetzt sofort alle Energieunternehmen sanktionieren“, sagte sie. Der demokratische Senator Joe Manchin bezeichnete es ebenfalls als eine „Farce“, daß die Vereinigten Staaten mitten in der Invasion weiterhin russisches Öl kaufen: „Es ist lächerlich, völlig lächerlich, daß wir täglich über 600.000 Barrel Rohöl aus Rußland kaufen.“ Ihre Kritik trägt nun Früchte. 

Senator Ted Cruz aus Texas spricht sich bereits seit längerem für eine Produktionssteigerung von Öl und Gas im eigenen Land aus. Das dürfte gerade dem linken Flügel der Demokraten nicht gefallen, zumal das zentrale Projekt von Bidens Präsidentschaft, das Klima- und Sozialpaket, seit Monaten brachliegt. Das Thema Öl könnte in dieser Situation für weitere Spannungen sorgen, wie auch der ehemalige republikanische Gouverneur von New Jersey Chris Christie weiß: „Man muß die heimische Produktion erhöhen. Das ist der Punkt, an dem Joe Biden ein Problem haben wird. Er wird von der linken Umweltbewegung gefangengehalten“, erklärte er. Vizepräsidentin Kamala Harris kümmerte sich in der vergangenen Woche lieber um den Entwurf eines Gleichstellungsgesetzes, um „LGBTQ+-Amerikaner im ganzen Land“ zu schützen. Ob ihre geplante Reise nach Warschau und Bukarest in dieser Woche etwas Neues hervorbringen wird, bleibt abzuwarten. Angesichts der hohen Inflation, niedriger Zustimmungswerte und steigender Gaspreise dürfte der März für die US-Regierung jedenfalls weiter ungemütlich werden.