© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/22 / 11. März 2022

Aufgeschnappt
Dilemma der Diskriminierung
Matthias Bäkermann

Wie diskriminiert man richtig? Diese Frage stellt sich derzeit in der Schweiz. Wie das Boulevardblatt Blick vergangenen Sonntag meldete, habe die Züricher Privatklinik Hirslanden dem 50jährigen Russen Andrei P. die Behandlung verweigert. Dabei erhalte der HIV-positive Homosexuelle aus Moskau dort seit fünf Jahren seine „bestmögliche Therapie“, die so in Rußland nicht möglich sei. „Unser geschätzter Partnerarzt hat sich aus persönlichen Gründen entschieden, während des laufenden Krieges keine in Rußland wohnhaften Patienten zu behandeln“, verteidigt sich das Hospital. Nun bahnt sich ein veritabler Streit in der LGBTQ-Community an. Als „sehr vorbildlich“ loben dort einige Kommentatoren die Entscheidung, der Russe möge sich doch jetzt „in der Ukraine behandeln lassen“. Andere wenden ein, daß Schwule in Rußland diskriminiert würden. Das Newsportal Nau.ch erinnert daran, daß „Schwule, die an einer HIV-Infektion leiden, wohl eher nicht zu den typischen Putin-Unterstützern gehören“. Dies gelte wohl kaum „für queere Mitglieder der reichen Oberschicht“, die sich eine HIVTherapie in der Schweiz leisten könnten, hält ein Nutzer mit klarem Klassenstandpunkt auf dem Homo-Portal queer.de dagegen.