© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 08/22 / 18. Februar 2022

Haltungsnote
Pietätloses Gezwitscher
Gil Barkei

Man muß kein grüner Fahrradfanatiker und Autofeind sein, um das Fahrradfahren in der Großstadt Berlin vielerorts als gefährliche Zumutung zu empfinden. Auch weil der rot-rot-grüne Senat zwar viel Lärm um Pop-up-Verkehrsexperimente in hippen Gegenden macht, aber fern der eigenen Wählerkieze alte Fahrradwege vielfach verkommen läßt. Zehn Radfahrer starben vergangenes Jahr in der Hauptstadt bei Verkehrsunfällen. Besonders brisant: Situationen im Zusammenhang mit schweren Lastern. Und ja: Viele Kreuzungen sind unübersichtlich und einige Drahteselbesitzer denken, die Straße gehöre ihnen und ihrer Klima-Errettung. 

Doch was Karsten Limberg von der Berliner CDU zu dem Unfalltod einer Rentnerin meinte zum besten geben zu müssen, ist in puncto schlechten Geschmacks kaum zu überbieten. Nach dem Tod einer 81jährigen schrieb er auf Twitter: „Ich sage Ihnen, wie es wahrscheinlich passiert. Der LKW-Fahrer hat gewartet, bis er auf die Straße auffahren kann, er ist dann angefahren, gleichzeitig kam die Radfahrerin und wie so oft mußte sie dann unbedingt vor dem bereits anfahrenden LKW vorbei. Dummheit.“ 

So wenig Mitgefühl für die eigenen Mitbürger ist selbst der CDU Berlin zuviel. „Dieser Mann spricht nicht für die CDU“, sagte der Generalsekretär der Hauptstadt-CDU, Stefan Evers, der Berliner Zeitung. „In solchen Fällen sollte man immer Pietät walten lassen.“