Nein, mir fehlt nichts. Ich fühle mich gesund. Kein Fieber, keine Kopfschmerzen, nicht einmal ein Schnupfen. Aber alle Beteuerungen nützen nichts. Ich muß komplett durchgeimpft werden. Gerade nähert sich die Frau Doktor wieder mit einem satten Grinsen. Ihre dunklen Augen hinter der runden Puppenbrille funkeln vor Freude. In der Hand schwenkt sie die Spritze, die sie mir umgehend in den Oberarm rammt. „Aua“, rufe ich, auch wenn es nicht weh tat. 

„Alles wird gut“, sagt die kleine Ärztin noch im Weggehen. Doch dann dreht sie sich plötzlich um, kommt zurück und die nächste Spritze bohrt sich in meinen Oberschenkel. Ich sacke scheinbar ohnmächtig auf der Couch zusammen. Jetzt ist Frau Doktor tatsächlich besorgt und horcht mich mit einem Stethoskop ab. Ich atme tief ein und aus und entschließe mich zu einem Trick. Ich quake leicht. Die Ärztin ist irritiert. Dann begreift sie. Der Patient hat einen Frosch verschluckt. Da hilft nur eine sofortige Operation. Ich werde aufgeschnitten und der Frosch mit einer Zange hervorgeholt. Ich werfe ihn auf den Boden und – o Wunder – eine wunderschöne Prinzessinfigur liegt plötzlich da.

Frau Doktor macht derweil am Handy eine digitale Weiterbildung.

Die Frau Doktor ist so begeistert, daß sie aus ihrer Rolle fällt. Das kleine Mädchen erinnert sich natürlich sofort an das Märchen vom Froschkönig und spielt mit der Barbie. Ich verstecke schnell die Spritze und quake nochmal. Ein weiterer Frosch wird aus meinem Bauch befreit und dann ein dritter und alle verwandeln sich in Puppen.

Zufrieden lese ich in meiner Zeitung. Doch plötzlich taucht über mir dieser eine Mädchenkopf mit einer runden Plastebrille auf der Nase auf und fragt, ob ich gesund sei. Eifrig nicke ich. Aber die Mama, insistiere ich, die habe doch gerade gehustet. „Mama?“ Die Frau Doktor stiefelt, die Spritze schwenkend, in Richtung Küche davon. Ich lausche den Protestrufen. Wer hatte schließlich die Idee, dieses blöde Puppendoktorset zu kaufen?

Meine Frau hat sich übrigens, clever wie sie ist, von weiteren Impfungen freigekauft. Sie hat der kleinen Ärztin ihr Handy samt Internetzugang zur Verfügung gestellt. Jetzt ist diese beschäftigt. Ich schaue ihr vorsichtig über die Schultern. Sie macht eine Weiterbildung. Es gibt ein neues Puppendoktorset.