© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/21 / 17. Dezember 2021

Kassensturz der Woche
Ohne Moos
Christian Vollradt

Während es draußen naßkalt heranwintert, regieren in der SPD Frühlingsgefühle. Alle haben sich lieb, und es herrscht eitel Sonnenschein. Schließlich stellen die Genossen den Kanzler, und daß der (als Parteichef einst verschmähte) Olaf einen Wahlsieg mit exaktemang demselben Ergebnis (25,7 Prozent) einfuhr, mit dem der Peer (Steinbrück) acht Jahre zuvor eine krachende Niederlage erlitten hatte, juckt nun wirklich keinen. Zumindest die Saskia (Esken) nicht, die vom „vielleicht größten Comeback der deutschen Parteiengeschichte“ schwärmschwäbelt. Es sei ihr und allen anderen gegönnt. Doch ein kleiner Schatten fällt auf das junge Glück der alten Partei: ihr Kontostand. Die vorherige Serie von Wahlniederlagen und der frühere Mitgliederschwund haben die Kassen der Genossen geleert, coronabedingt machten dann auch noch die parteieigenen Reisebüros ein Minus. Bei den Zahlen mögen es die Roten indes lieber schwarz. Aber woher holt sich der geübte Sozi den Zaster, wenn’s mit der eigenen Wirtschaftlichkeit nicht so läuft? Richig: vom Staat. Drei Viertel ihrer Einnahmen bestreitet die Partei mittlerweile aus dem Steuersäckel. Doch weil derzeit eine Klage gegen die Parteienfinanzierung in Karlsruhe anhängig ist, könnten Rückzahlungsforderungen in zweistelliger Millionenhöhe auf den Kassenwart des Willy-Brandt-Hauses zukommen. Wie gut, daß nach der Wahl wenigstens eine Spende in Höhe von 100.000 Euro von der Deutschen Vermögensberatung AG einging – wie übrigens auch beim grünen Koalitionspartner. Der hatte allerdings schon vor der Wahl eine Zuwendung von 50.001 Euro erhalten – vom Eigentümer der Firma Jägermeister. Die nun mitregierende FDP bekam noch einen größeren Schluck Kräuterlikör: 70.000 Euro! Nur die SPD blieb abstinent. Irgendwie (magen)bitter ...