© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/21 / 17. Dezember 2021

Diplomatischer Boykott gegen China
Europas Rückgratlosigkeit
Albrecht Rothacher

Joe Biden, unterstützt von Kanada, Australien und Großbritannien, hat einen diplomatischen Boykott der Eröffnung der Olympischen Winterspiele am 4. Februar in Peking angekündigt. Die Sündenliste der kommunistischen Diktatur ist lang: von systematischen Menschenrechtsverletzungen bis zum Ignorieren internationaler Normen. Die Eröffnung ist ohnehin die einzige Veranstaltung, bei der Ausländer in China willkommen sind. Die Athleten, anders als bei den Moskauer Spielen 1980 vom Boykott nicht betroffen, müssen in Quarantäne. Kontakt zum Volk und öffentliche Verkehrsmittel sind ihnen untersagt. Die Diktatur des Herrn Xi zeigt sich von ihrer ungastlichsten Seite.

Und wo steht Europa? Litauen, dessen Exporte nach der Eröffnung einer Taiwan-Vertretung in Wilna, von China WTO-rechtswidrig blockiert werden, ist für den Boykott. Macron, der neue starke Mann der EU, ist dagegen, ebenso Italien. Beide fürchten ums China-Geschäft. Griechenland und Ungarn sind nach chinesischen Knebel-Krediten im Lager Pekings. Und Deutschland, dessen drangsalierte Autoindustrie jeden vierten Wagen ins Reich der Mitte verkauft? Die Außenministerin warb für einen Teilboykott, wurde vom Kanzler aber zurückgepfiffen, der eine EU-Linie abwarten will – die es nicht gibt. Soviel zur Rückgratlosigkeit bei den vielbeschworenen Werten und der Solidarität bei Menschenrechten. Ein Punktsieg für Rotchina und ein Signal mehr nach Washington, was von den europäischen Verbündeten zu halten ist. Nämlich nichts.