© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/21 / 22. Oktober 2021

Die „FAZ“ zwischen „Neuer Ostpolitik“ und Mauerfall
Außerhalb des Denkbaren
(ob)

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung trägt seit ihrer Gründung 1949 den Untertitel „Zeitung für Deutschland“. Ein stolzer Anspruch, den der Historiker Maximilian Kutzner (Würzburg) in einer Studie überprüft, die sich den deutschlandpolitischen Positionen vor 1989 widmet. Wenig überraschend, kann Kutzner anhand von Sitzungsprotokollen die Lagerbildung in der Redaktion in Befürworter und Gegner des „Wandels durch Annäherung“ nachweisen (Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 3/2021). Die Fraktion der „Entspannungspolitiker“ näherte sich mit diesem Kurs dem CDU-Generalsekretär Heiner Geißler an, der 1988 seiner Partei empfahl, die Wiedervereinigung aus ihrem Programm zu streichen. Gestützt hätten diese vermeintlich „realistische“ Einschätzung der „Innenpolitiker“ Claus Gennrich und Peter J. Winters deren Kollegen aus der Wirtschaftsredaktion, die in der sozialistischen Mangelverwaltung nie eine Gefahr für die Stabilität des SED-Regimes erkannten. Obwohl dem Redakteur Hugo Müller-Vogg durchaus bekannt gewesen sei, daß die DDR ihre Wirtschaftsdaten fälschte. Umso bemerkenswerter sei es daher, daß offenbar „keiner der Herren“ über unrentable Kombinate und andere Symptome des Niedergangs den Herbst 1989 kommen sah: „Das schien außerhalb des Denkbaren.“ 


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