© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/21 / 15. Oktober 2021

Im Interesse der Bundesregierung
Kanallöschung droht: Youtube sperrt Boris Reitschuster mehrfach
Ronald Berthold

Zum Journalismus gehört es, auch Außenseiter zu Wort kommen zu lassen. Der ehemalige Focus-Korrespondent Boris Reitschuster interviewte für seine Netzseite den Erfinder eines Antigen-Impfstoffes gegen Corona und veröffentlichte das Video Anfang Oktober auf Youtube. Dafür wurde der Blogger wegen „Verbreitung medizinischer Falschinformationen“ gesperrt. Drei Tage später hob der Internet-Riese die Zensur wieder auf, um Reitschuster wenige Stunden darauf wegen desselben Interviews erneut für sieben Tage zu blockieren. Reitschuster ist nicht der einzige Blogger, der unter der Willkür der Plattformen leidet. Abweichende Meinungen können sich nur noch schwer Gehör verschaffen, weil sie dafür auf Monopol-Anbieter wie Youtube, das zu Google gehört, angewiesen sind. Den Journalisten wird damit auch die Geschäftsgrundlage entzogen, da sie sich meist über Werbung finanzieren, die während ihrer Sendungen läuft. Eine Sperre gleicht daher einem Berufsverbot. Und sie ist immer mit der Drohung verbunden, den gesamten Kanal zu löschen.

Es ist nicht das erste Mal, daß Reitschuster zensiert wird. Anfang April sperrte ihn Youtube, weil er einen Livestream von einer Anti-Coronamaßnahmen-Demo sendete. Damit sei es Journalisten „nicht mehr möglich, von Großveranstaltungen zu berichten“, beschwerte er sich seinerzeit. „Eine eklatantere Einschränkung der Pressefreiheit ist eigentlich kaum noch vorstellbar.“ Dem 50jährigen ist es in solchen Fällen auch nicht mehr möglich, die Bundespressekonferenz, deren Mitglied er ist, zu übertragen und einen alternativen Blickwinkel auf die Statements zu werfen. Mehrfach hat Reitschuster die Zensur durch Youtube bei den Veranstaltungen mit Regierungssprecher Steffen Seibert angesprochen. Nicht einmal habe er eine verbale Unterstützung der freien Berichterstattung erhalten. Der Journalist meint daher, daß die Sperren kritischer Journalisten der Bundesregierung nicht ungelegen kommen: „Für mich klang es, als ob er durchaus Bescheid wüßte.“