Kaum ein „Wikipedia“-Artikel ist in den vergangenen Wochen so oft geändert worden wie der von Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Etliche Bearbeiter der Internet-Enzyklopädie sind offenbar eifrig bemüht, kritische Textpassagen über die Grünen-Politikerin zu verhindern. Wer sich bei „Wikipedia“ über Baerbock informieren will, begegnet dort durchweg einer „sportlichen, kompetenten, engagierten und sympathischen Person“ (Neue Zürcher Zeitung).

Beim Wikipedia-Lexikon, das ohnehin in großen Teilen als ausgesprochen linkslastig gilt, tobt offensichtlich länger schon ein „Redigier-Krieg“, wie die Welt feststellte. Mittlerweile dürfen nur noch offiziell zugelassene – handverlesene – Administratoren den Beitrag über die grüne Spitzenpolitikerin bearbeiten. Etwa 180 dieser mächtigen Schlußredakteure, die ganz überwiegend grün-linken Positionen zuneigen, gibt es für den gesamten deutschsprachigen Raum. „Edit Wars“ werden bei „Wikipedia“ allerdings öfter ausgefochten. Das passiert vor allem bei besonders wichtigen und umstrittenen Themen. Israel, Brexit oder Klimawandel sind dafür Paradebeispiele.

Allein in den vergangenen 30 Tagen verzeichnete der Wikipedia-Text 270 Änderungen.

Allein in den vergangenen 30 Tagen verzeichnete der Wikipedia-Text über Baerbock immerhin 270 Änderungen, fast jeden Tag zeigt die Statistik neue. Zum Vergleich: Bei dem christdemokratischen Kanzlerkandidaten Armin Laschet sind es im selben Zeitraum 55, bei Olaf Scholz (SPD) nur 52. Im „Forum“ zum Baerbock-Eintrag wird zum Beispiel darüber gestritten, ob die Nachmeldung ihrer Nebeneinkünfte, die Fehler in ihrem offiziellen Lebenslauf oder Aussagen über „Kobold“ in Batterien relevant sind oder nicht.

Bei den Enzyklopädie-Einträgen zu Politikern wie Friedrich Merz (CDU) oder Alexander Gauland (AfD) wimmelt es nur so von ausgesprochen kritischen Sätzen, die diese Parteirepräsentanten gar nicht gut dastehen lassen. Bei Baerbock allerdings fehlen sogar die sonst bei bekannten Persönlichkeiten üblichen „Wikipedia“-Rubriken „Kritik“ oder „Positionen, Kontroversen und Rezeption“. Nur zwei auffallend kurze Passagen lassen bei der Grünen-Vorsitzenden inzwischen ein paar wenige kritische Akzente erkennbar werden. Sie habe „mehrere inhaltliche Korrekturen ihres Lebenslaufs“ vorgenommen, gibt der Artikel zu.