© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 17/21 / 23. April 2021

Viren aus Paderborn
Klare Regeln sind bei der Geflügelpest unverzichtbar
Volker Kempf

Die Geflügelpest breitet sich in Deutschland weiter aus. Laut dem Bundeslandwirtschaftsministerium wurde schon im Herbst 2020 die hochansteckende aviäre Influenza der Subtypen H5N5 und H5N8 in Deutschland als vorhanden eingestuft. Für die rasche Ausbreitung seit März sorgte ungewollt ein mobiler Geflügelhändler aus Paderborn. Einmal auf Tour, wurde tagelang nichtsahnend die Geflügelpest mitgeliefert. In einem einzigen Landkreis stellt sich das dann wie im Breisgau-Hochschwarzwald wie folgt dar: Am 16. und 19. März wurden infizierte Jungtiere gehandelt. Der Händler hatte zu 33 Geflügelhaltern allein in diesem badischen Landkreis Kontakt.

Als das Problem Tage später bekannt wurde, wurden gemäß der „Verordnung zum Schutz gegen Geflügelpest“ Verdachtsfälle identifiziert. Teilweise mußten nun Sperrbezirke und Beobachtungsgebiete eingerichtet werden. Hühnerhalter bekommen von Amtsveterinären Besuch, die sich die Tiere anschauen. Ganze Tierbestände mußten bereits getötet werden. Geflügelhalter werden zudem aufgefordert, verdächtige Fälle zu melden. Meist waren Hühnerhalter mit kleinen Beständen von 25 Hühnern und weniger betroffen. Es besteht in zahlreichen ausgewählten Bezirken Stallpflicht.

Als wichtiger Überträger der auch Vogelgrippe genannten Geflügelpest gelten Wildvögel. Das für Tiergesundheit zuständige Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) registrierte seit 30. Oktober die Fälle der Geflügelpest in Deutschland. Laut einer FLI-Meldung vom 25. März 2021 wurden etwa tausend „HPAIV H5-Fälle“, so die fachliche Bezeichnung bei Wildvögeln, sowie 133 Ausbrüche bei Geflügel festgestellt, davon sechs bei gehaltenen Vögeln in Tierparks und ähnlichen Einrichtungen.

Auch mehrere europäische Länder melden fast täglich Wildvogelfälle oder HPAIV-Ausbrüche bei gehaltenen Vögeln. Das Risiko der Ausbreitung in Wasservogelpopulationen und des Eintrags in Geflügelhaltungen und Vogelbestände wie etwa zoologische Einrichtungen wird vom Forschungsinstitut als „hoch“ eingestuft.

Auch wenn es gelingen sollte, den jüngsten Ausbruch der Geflügelpest einzudämmen und im Mai die Stallpflicht wie erhofft aufgehoben werden kann, wird das Problem wieder auftauchen können. Vor allem muß es nicht bei der Geflügelpest bleiben: Die Hasenpest (Tularämie) ist laut Mitteilung der Kreisverwaltung Paderborn bei einem tot aufgefundenen Feldhasen festgestellt worden. Und auch das muß noch nicht das Ende sein. Denn die Erkrankung könne auch bei weiteren Tierarten vorkommen. Die Übertragung erfolge durch das Bakterium Francisella tularensis, das auch für den Menschen nicht ungefährlich sei.

Friedrich-Loeffler-Institut (FLI): www.fli.de

Foto: Hühnerküken im Geflügelmaststall: Nach europaweiten Fällen von Vogelgrippe ist im westfälischen Kreis Paderborn mindestens ein Fall von Hasenpest (Tularämie) nachgewiesen worden