© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 14/21 / 02. April 2021

Rom und Tripolis gegen die Migration
Koalition der Willigen
Jürgen Liminski

Es ist die Macht des Faktischen. Erstes Faktum: Im Frühling, wenn die Temperaturen milder werden, erhöht sich der Migrationsdruck aus Afrika, es steigen die Zahlen im Mittelmeer. Zweites Faktum: Migranten strömen vor allem nach Libyen, und die nächstliegende europäische Küste ist Italien. 

Die dort amtierende Innenministerin will nun die Zahl der Ankommenden reduzieren, am besten auf null, jedenfalls geht Rom mit Tripolis intensiv gegen Schlepperbanden vor. Mit einigem Erfolg. Das geht auch aus den Eurostat-Zahlen der Asylanträge für 2020 hervor. Demnach liegt Italien mit 21.000 Anträgen weit hinter Deutschland (102.000), Spanien (86.000), Frankreich (81.000) und Großbritannien. Auch die Mitte-links-Regierung in Rom handelt wie der populistische Salvini zuvor. Man folgt der Macht des Faktischen, nur nicht so polternd.

Für die Verhandlungen über den EU-Pakt über Einwanderung und Asyl bedeutet das, daß der Zwang des Faktischen (gelegentlich identisch mit dem Willen der Wählermehrheit) sich gegen die Brüsseler Bürokraten und auch gegen die Illusionisten in Deutschland wenden wird. Denn in den meisten Staaten Europas hat man erkannt, daß offene Arme für alle, vor allem für Wirtschaftsmigranten, keine Lösung sind, schon gar nicht in Krisenzeiten. Deutschland braucht halt etwas länger, um Fakten wahrzunehmen, Brüssel sowieso.