© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/19 / 25. Oktober 2019

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Pinke nicht nur für Schminke
Paul Rosen

Wie wichtig die Kunst der guten Rede für Politiker ist, wird spätestens klar, wenn es rhetorisch fürchterlich schiefging. Erinnert sei an den früheren CSU-Chef und bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber mit seinen legendären Ausführungen über die Magnetschwebebahn Transrapid, die vom Hauptbahnhof zum Münchener Flughafen fahren sollte: zusammenhanglose Halbsätze, wirre Einschübe sowie Wortsalven ohne Punkt und Komma ... 

Franz Josef Strauß, einem der letzten Titanen der freien Rede, wäre dies nicht passiert. Er war ein Naturtalent. Seine Epigonen in CSU und anderen Parteien müssen üben, wie rhetorische Entgleisungen vermieden werden können. Es ist kein Geheimnis, daß die ersten Unterrichtsstunden entsprechender Kurse (heute als „Coaching“ zusammengefaßt) den Hauptsatz der politischen Rhetorik vermitteln: Nur keine Fragen beantworten, sondern eine Frage allenfalls als Stichwort für ein Thema verstehen.  

Die AfD hatte den Verdacht, daß Mitglieder der Bundesregierung die Kosten für das Coaching nicht von ihren Gehältern bezahlen, sondern die Rechnungen vom Steuerzahler begleichen lassen. Auf eine Anfrage, wie hoch die Steuergeld-Ausgaben für Coaching in der 18. und 19. Legislaturperiode waren, kam heraus: Es waren 135.613 Euro. Wobei die Regierung „Coaching“ und Training als  Fortbildungsmaßnahmen versteht, „die dazu dienen, die Fähigkeit, Medien und Bürger zu informieren, zu bessern“. Den größten Verbesserungsbedarf hatte der damalige Landwirtschaftsminister: Christian Schmidt (CSU) verbrauchte allein 93.909 Euro fürs Coaching. 

Durch hohe Ausgaben für „externe Fortbildung“ fielen auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mit 12.500 Euro Steuergeldkosten und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) mit 9.477 Euro auf. Im Umweltministerium wird zudem die frühere Ministerin Barbara Hendricks (SPD) mit 10.272 Euro aufgeführt. Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) begab sich ebenfalls auf externe Fortbildung – für 11.662 Euro. Dagegen kam der Steuerzahler bei den Fortbildungen von Ex-Ministerin Manuela Schwesig (SPD, Familie) mit 1.190 Euro und Olaf Scholz (SPD, Finanzen) mit 999,60 Euro vergleichsweise preiswert davon. 

Der Ton macht zwar die Musik, aber das Aussehen muß auch stimmen. So helfen Visagisten und Friseure bei der Verbesserung des Erscheinungsbildes, zum Beispiel bei Scholz, als er am 10. Mai 2018 vor die Bundespressekonferenz trat: 160,50 Euro kostete das den Steuerzahler. Insgesamt verursachte Scholz Kosten von 3.668,33 Euro und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner sogar von 5.490,10 Euro. Schulze (1.142,40 Euro) und Karliczek (107,10 Euro) waren vergleichsweise preiswert. Angaben für Kanzlerin Angela Merkel verweigert die Regierung, weil dadurch das „Geschäftsgeheimnis auf Auftragnehmerseite“ beeinträchtigt werde. Nur so viel wird verraten: Die Kanzlerin habe „für eine Vielzahl öffentlicher Termine die Leistungen einer Assistentin für Make-up und Frisur in Anspruch genommen.“