© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/19 / 01. März 2019

Glaube, Treue, Heimatliebe
Vermächtnis: Eine Tiroler Künstlergruppe reicht das Feuer an die junge Generation weiter
Lukas Steinwandter

Die Anfeindungen werden so sicher kommen wie der jährliche Schnee auf den Tiroler Bergen. Und die Kritik wird ihnen Ehre und Auszeichnung sein. Die Rede ist von „Vermächtnis“, einem patriotischen, multimedialen Projekt aus Tirol. Tirol meint hier nicht nur das österreichische Bundesland, sondern ganz Tirol, also auch jenen Teil südlich des Brenners, der 1918 von Italien besetzt und vor hundert Jahren im Vertrag von Saint-Germain dem Stiefelstaat zugesprochen wurde.

Als vor drei Jahren Vermächtnis VI, ein Musikalbum mit dem Titel „Wappenschild“ erschienen ist, ätzte ein den Grünen nahestehendes Online-Magazin „radikal-patriotisch“, „schwülstig“ und „Blut-und-Boden-Lyrik“. Das Album stürmte in den Amazon-Charts bei den Neuerscheinungen in der Kategorie Rockmusik in die Top drei – direkt hinter In Flames und Udo Lindenberg. Am 2. März nun erscheint Vermächtnis VII. Die JUNGE FREIHEIT konnte exklusiv in das neue Album hineinhören und mit einem der Köpfe hinter dem Gesamttiroler Projekt sprechen. „Vermächtnis ist eine Gruppe von über 20 Personen aus allen Landesteilen Tirols“, sagt Efrem Oberlechner der JF. Der Pusterer war von Anfang an dabei.

Überlebenskampf eines kleinen, aber starken Volkes

Das erste Mal ließen Vermächtnis 2006 von sich hören. Die Combo probte in einer Garage und stellte Texte und Fotos für ein Buch zusammen, in dem es um die Tiroler Geschichte geht. „Das Projekt startete vor 13 Jahren, als Tiroler Jugendliche nördlich und südlich des Brenners ein gemeinsames Projekt über die getrennten Landesteile hinweg machen wollten“, schildert Oberlechner. „Sie haben sich zusammengetan, um gemeinsam Musik zu machen, Texte zu schreiben, sich grafisch zu betätigen und Fotos zu machen. Und dies im Dienste der Heimat.“

Es folgten fünf weitere Alben, mal mit einem Buch, mal mit einem typischen blauen „Tirolerschurz“ oder einer Süd-Tirol-Fahne als Beilage. Während sich Qualität, Instrumenten- und Gesangvielfalt stetig verbesserten, blieb der Inhalt stringent: Glaube, Treue und Heimatliebe. Diese Trias aus selbstbewußtem Glauben, gesundem Patriotismus und Treue zu Familie und Volk formt sich aus vertonten Gedichten etwa des österreichischen Dramatikers Franz Kranewitter oder Hermann von Gilm zu Rosenegg, neu aufgesetzten Volksliedern und eigenen Stücken. Eindringlich werden die schmerzhaftesten Stunden der Tiroler Geschichte besungen: „Herr, ich recke meine Arme / Im Gebet zu dir empor, / Wie ich ring’ in bitt’rem Harme, / Leih in Gnaden mir dein Ohr! / Daß in gleichen Bitternissen / Einst der Ahn dir gab zum Pfand, / Sieh, zertrennt zu deinen Füßen / Unser armes, armes Land!“ 

Doch das Alpenvolk wäre längst in den Kriegsgewittern der vergangenen Jahrhunderte untergegangen, hätte es nicht seine grundoptimistische Haltung bewahrt, die zum einen auf dem konsequenten katholischen Glauben, zum anderen auf der Treue zu Familie und Scholle fußt. In einem Lied auf dem sechsten Album lautet dies dann: „Solang ein Tiroler Handschlag / Einen Treueschwur bezeugt, / Solang der freie Tiroler / Sich vor Gott allein verbeugt, / So lang werden wir gemeinsam / Vereint zusammensteh’n, / Für das Land unserer Väter / Alles geben, Ein Tirol!“

Was mit bundesdeutscher Brille sofort unter dem Label „Rechtsrock“ ohne Aussicht auf Rückkehr in den Giftschrank verschwinden müßte, stößt in Tirol nur bei einer träumerischen Gruppe linker, grün-feministsicher  Außenseiter auf Kritik. Tatsächlich singt jeder heimische Volksmusikant über Heimatliebe und Brauchtum und tritt damit auf Festen auf. Dies ist auch ein Teil des „Mythos Südtirol“, des Überlebenskampfes eines kleinen, aber starken Volkes gegen eine Übermacht, wie es in einem Stück der Tiroler Künstler heißt.

Vermächtnis VII trägt den Titel „Auf zum Schwur“, 

ist tontechnisch auf demselben hohen Niveau wie das Vorgängeralbum, stellt aber zugleich einen weiteren Schritt nach vorne dar, der neue Fußspuren für die Nachfolgegeneration setzen wird. Erstmals werden alte Volks- und Brauchtumslieder sowie Hymnen rockmusikalisch aufbereitet. Das titelgebende Stück ist ein Lob- und Treuelied, dem „Heiligsten Herz Jesu“ geweiht, dem die Tiroler anno 1796 und 1809 ihr Leben und Land anvertrauten, als es in den Kampf gegen die Franzosen und ihre Verbündeten ging – komponiert und getextet 1896. Dem Vorschlag von Pfarrer Anton Paufler nachkommend, entzündeten seine Landsmänner im Juni 1796 im ganzen Land meterhohe Feuer auf den Berggipfeln. Der Tiroler Landsturm erhielt einen bis dahin noch nie dagewesenen Zustrom an freiwilligen Kämpfern – der Herz-Jesu-Feuer-Brauch war geboren.

„Das Ziel: Südtirol ist frei und Tirol wieder vereint“

Auf dem Album finden sich noch weitere bekannte Stücke wie die Österreichische Bundeshymne, das Andreas-Hofer-Lied „Zu Mantua in Banden“, das Bozner Bergsteigerlied „Wohl ist die Welt so groß und weit“ oder „Riesige Berge“. „Die Texte und Melodien der neu vertonten Volkslieder kennen viele. Sie sollen in Zukunft aber auch unserer Jugend bekannt sein, die einige davon vielleicht nicht mehr kennen. Und genau dafür wurde dieses Album geschaffen“, erklärt Oberlechner die Motivation hinter der neuen Veröffentlichung. Vermächtnis ist, sagt der Schütze, all jenen gewidmet, die sich für ihre Heimat einsetzen. „Vermächtnis ist aber auch Auftrag, gegen Ungerechtigkeit und für eine bessere Zukunft einzutreten. Nicht mit Gewalt, sondern mit Herz und Verstand, mit dem Ziel: Südtirol ist frei und Tirol wieder vereint.“

Wie schon die Veröffentlichungen zuvor wird auch der siebte Streich – gegen eine Spende – kostenlos bestellbar sein beziehungsweise auf der Netzseite zum Download bereitstehen. Wer will, findet das Stück auch bei allen gängigen Online-Händlern. Die kritischen Stimmen, soviel Prophezeiung sei erlaubt, werden auch zur werbetechnischen Verbreitung nicht nötig sein. Wohlklingende Rockmusik und in der Seele des Tiroler Volkes tief verwurzelte Lieder und Melodien treffen auf jugendliche Hörer mit offenen Ohren für heimatliche Themen und Belange. Für ein Vermächtnis.