© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/15 / 12. Juni 2015

Mit Fulcrum über die Wende
Jagdflieger in der NVA und in der Bundeswehr
Jürgen W. Schmidt

Manfred Skeries durchlief für DDR-Verhältnisse eine Traumkarriere vom Dorfjungen und gelernten Dreher zum Oberst und Chef der Jagdfliegerkräfte. Freunde der Militärfliegerei werden bei diesem detaillierten Buch voll auf ihre Kosten kommen, denn Skeries verfaßte seine Erinnerungen ehrlich und sparte häßliche Seiten des NVA-Lebens nicht aus. Die schlechten Dienst- und Lebensbedingungen des Personals, die trüben zwischenmenschlichen Beziehungen im höheren Offizierskorps ebenso wie die mitunter erschreckende fachliche Inkompetenz und Weltfremdheit höchster Befehlshaber.

Seine Schilderungen des „GO" (Chef der Luftstreitkräfte Generaloberst Wolfgang Reinhold) erinnern fast an Hermann Göring. Genauso wie jener nach 1939 den Krieg auf Grundlage seiner Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg führen wollte, lenkte der NVA-Generaloberst die Luftstreitkräfte mit seinen Erfahrungen als Schlachtflieger-Feldwebel der Ostfront. Das letzte Flugzeug, welches Reinhold flog, war die Mig-17 gewesen, die modernen Mig-23 und Mig-29 durchschaute er nicht mehr, gab aber selbstherrlich unsinnige Befehle.

Bemerkenswert ist ebenso die Beschreibung seines Bundeswehrfliegerlebens nach 1990, welches Skeries als stellvertretender Kommodore des mit Mig-29 (Nato-Kennung „Fulcrum") ausgestatteten Jagdgeschwaders 73 erlebte. Er lernte manch feinen Kerl unter den Kameraden der Bundeswehr kennen und wurde trotzdem gnadenlos fallengelassen, als neidische frühere NVA-Kollegen ihn anonym beim Bundesverteidigungsministerium übel denunzierten.

Nunmehr erlebte der hohe Militär den auch den meisten anderen NVA-Offizieren nicht erspart gebliebenen sozialen Absturz. Skeries schlug sich mehr schlecht als recht bis zur Rente durch. Die einst jeweils 64 Millionen Mark teuren, völlig auf Nato-Standards umgerüsteten Mig-29 der Bundeswehr verschleuderte man 2003 für jeweils einen Euro an Polen. Angesichts der immer noch bestehenden Probleme mit dem Eurofighter eine unsinnige Entscheidung der Bundesregierung, bei der militärische Kompetenz weder vorhanden noch gefragt ist. Skeries Buch ist ein Zeitzeugenbericht erster Güte zur jüngsten Militärgeschichte.

Manfred Skeries: „So war das eben" – Ein ehemaliger Jagdflieger berichtet. Verlag Dr. Köster, Berlin 2014, gebunden, 295 Seiten, Abbildungen, 29,80 Euro