© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/11 21. Januar 2011
Tunesiens Dikator hat sich abgesetzt Es ist nicht lange her, da lobte das Auswärtige Amt die deutsch-tunesischen Beziehungen über den grünen Klee. Gut und intensiv seien sie. Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch in der Terrorabwehr. Vor allem seit dem Al-Qaida-Anschlag auf die Synagoge Al Ghriba auf Djerba im April 2002, bei dem 14 deutsche Touristen starben, habe man die Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit intensiviert. Der autoritäre Ben Ali mit seiner Politik der eisernen Faust gegenüber jedweden islamistischen Tendenzen war der ideale Partner. Der sonst oft und gern erhobene Zeigefinger mit Blick auf Demokratie und Menschenrechte störte da nur. Tunesien galt gar als Vorzeigeobjekt in Nordafrika. Das ist jetzt passé. Doch Außenminister Guido Westerwelle zeigt sich flexibel. Tunesien habe nun eine echte Chance für den politischen Neuanfang. Von Besorgnis über die plötzliche Instabilität in der hochexplosiven Maghrebregion keine Spur. Algerien, Marokko, Ägypten überall könnte die tunesische Jasmin-Revolution zum Anstoß von Bürgerrevolten werden. Hier stehen die islamistischen Bewegungen bereits Gewehr bei Fuß, um ihren Teil zur Demokratisierung beizutragen. Spätestens dann stünde die deutsche Politik vor einem weiteren Scherbenhaufen, und müßte womöglich erklären, warum unsere Freiheit demnächst am Atlasgebirge zu verteidigen ist. |