© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/11 07. Januar 2011

Linke Kritik an der Carl-Diem-Kritik
Sport ist dem Faschismus nah
(ob)

Wie Philosophen Martin Heidegger oder Juristen Carl Schmitt unentwegt „bewältigen“, so sind Sportwissenschaftler mit Carl Diem (1882–1962) beschäftigt, der Gründerfigur des deutschen Leistungssports und Organisator der Olympischen Spiele 1936 – neben gedenkpolitischen „Straßenschlachten“. Der Carl-Diem-Weg an der von ihm 1947 gegründeten Deutschen Sporthochschule ist inzwischen umbenannt worden. Solcherart öffentlicher Druck bewog den Deutschen Sportbund ein Forschungsprojekt auszuschreiben, dessen Resultate in einer Diem-Biographie von Frank Becker und einem von ihm edierten Sammelband über „Carl Diem und seine Zeit“ seit 2009 vorliegen. Der vor 1990 gern als „Nationalrevolutionär“ gehandelte, in Dänemark lehrende, auf „Körpergeschichte“ spezialisierte Sozialwissenschaftler Henning Eichberg will damit den Sportbund aber nicht aus der „Pflicht“ entlassen, mit Diem auch den „bürgerlichen“, dem „faschistischen“ so nahen Sport unter Daueranklage zu halten. Denn Beckers Arbeiten hätten im wesentlichen nur Diems „postmoderne Entlastung“ gebracht. (Vierteljahreshefte für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 3/2010). Das „Diem-Projekt“ des Sportbundes führe dessen „autoritären Sprachbegriff“ fort, nutze die Biographie nicht zu „kritischer Körpergeschichte“ und lasse eine „solide Faschismus-Theorie“ vermissen.

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