© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/11 07. Januar 2011

Wirtschaftsweiser sieht keine Euro-Krise
Professorale Ignoranz
von Jörg Fischer

Als Wolfgang Franz in der Rheinischen Post verkündete, es gebe keine Krise des Euro, hätte man das noch mit vorweihnachtlichem Glühweingenuß erklären können. Nun legte der Mannheimer Wirtschaftsprofessor aber in der Welt am Sonntag nach und behauptete erneut: „Wir erleben keine Krise des Euro, sondern Krisen in einzelnen Euro-Staaten.“ Er sehe auch „keine ernsthafte Gefahr eines Auseinanderbrechens der Eurozone oder des Austritts eines Landes“. Man könnte dies als skurrile Einzelmeinung abtun, doch Franz ist seit 2003 Mitglied und seit 2009 sogar Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

Dieses Gremium berät die Bundesregierung – und es hat bereits in den vergangenen Jahren mehrfach versagt. Weder vor der Weltfinanz- noch der Euro-Krise haben die sogenannten fünf Wirtschaftsweisen rechtzeitig gewarnt. Es sei unmöglich, die Zukunft vorherzusehen, verteidigte sich Franz. Um allerdings zu erkennen, daß amerikanische Investmentbanken finanzielle Massenvernichtungswaffen in Umlauf brachten oder daß eine Währungsunion aus so unterschiedlichen Staaten langfristig nicht funktionieren kann, braucht man wirklich kein Prophet zu sein. Doch statt über mögliche Euro-Ausstiegsszenarien nachzudenken, empfiehlt Franz sogar eine gemeinsame EU-Finanzpolitik. Die Bundesregierung braucht dringend bessere Berater.

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