© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/11 07. Januar 2011

Angriff auf linke Mythen: „The Soviet Story“
Ein erschütternder Film
Dieter Stein

Am kommenden Sonntag werden wieder Zehntausende Anhänger linksradikaler Organisationen zu einer gespenstischen Großdemonstration in die deutsche Hauptstadt kommen. Auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde gedenken Kommunisten und Sozialisten seit den zwanziger Jahren ihrer „Helden“ Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, die 1919 von Freikorpssoldaten ermordet worden waren.

Daß Liebknecht und Luxemburg keine pazifistischen Lichtgestalten waren, sondern als Mitbegründer der Kommunistischen Partei Deutschlands vorhatten, den Terror der 1917 in Rußland entfesselten bolschewistischen Revolution auch in Deutschland zum Sieg zu führen, fällt in verharmlosenden Medienberichten regelmäßig unter den Tisch. Ebenfalls teilnehmende Mitglieder von SPD und Jusos vergessen, daß „Rosa und Karl“ die vor allem von Sozialdemokraten getragene Weimarer Demokratie gewaltsam beseitigen und durch ein totalitäres Regime ersetzen wollten.

Am Vorabend des düsteren Hochamtes in Friedrichsfelde findet in der Berliner Urania eine vom ehemaligen FDJ-Blatt Junge Welt veranstaltete Podiumsdiskussion statt mit dem bezeichnenden Titel: „Wo bitte geht’s zum Kommunismus? Linker Reformismus oder revolutionäre Strategie – Wege aus dem Kapitalismus“. Moderiert von Ulla Jelpke, Mitbegründerin des Kommunistischen Bundes (KB), diskutieren ihre heutige Parteichefin (Linkspartei-SED/PDS), Gesine Lötzsch, Bettina Jürgensen (DKP-Chefin) einträchtig mit der ehemaligen RAF-Terroristin Inge Viett.

Frau Viett beschwerte sich vorab in der Jungen Welt, daß der Schöpfer des bolschewistischen Terrors, Lenin, in der politischen Praxis heute eine zu geringe Rolle spiele, seine „herausragende Bedeutung und Faszination“ als Revolutionär, Stratege und Organisator einer „revolutionären Partei, als Organisator von Aufständen“ reaktiviert werden müsse.

Es bleibt ein Rätsel, weshalb die radikale Linke aus den von ihr entfesselten Blutbädern ewig taufrisch wiederauferstehen konnte. Weshalb die Hekatomben von Toten, die der Kommunismus weltweit forderte, den strahlenden Nimbus ihrer Theoretiker totaler Vernichtung als Beglücker der Menschheit nicht zu beflecken vermochten. Weshalb sie die „kritische Öffentlichkeit“ mit der Erfindung des „Antifaschismus“ noch immer desorientieren kann.

Mit „The Soviet Story“ (Seite 3 und 19) ist es filmisch erstmals eindrucksvoll gelungen, den linken Mythos zu brechen. Vor allem in Bildern überlagert ja immer wieder das revolutionäre Pathos ewigen Frühlings den dunkelroten Alptraum des Terrors. Dem lettischen Filmemacher Edvins Snore ist diese Entzauberung gelungen. Es sagt alles über das Desinteresse an echter Aufarbeitung, daß der Film bisher weder synchronisiert noch im deutschen Fernsehen gezeigt wurde.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen