© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/10 20. August 2010

Der Spion, der aus Männerträumen kam
Alles andere als britisch: Sean Connery, der einzig wahre James-Bond-Darsteller, brennt für Schottland
Michael Hofer

Das steht er nun, der Mann von heute, schwer mitgenommen von vier Jahrzehnten Feminismus, der ihm seine Männlichkeitsideale und Trivialmythen miesgemacht hat, umzingelt von Gender-Mainstreamern und Verzwitterungsideologen, im täglichen Clinch mit Karrierefrauen, weiblichen Vorgesetzten und einer allgemein unabhängigeren Damenwelt, deren gestiegene Ansprüche die Partnersuche zu einem harten Wettbewerb gemacht haben. Ängstlich aus dem Gestrüpp eines politisch korrekten, männerfeindlichen Sexismus hervorblickend, mag er sich fragen, was hier schiefgelaufen ist, und vor allem: Was hätte wohl James Bond in dieser Lage gemacht?

Auch dieser muß sich seit geraumer Zeit mit einer Frau als Chef herumschlagen, aber inzwischen ist er in Gestalt von Daniel Craig wieder mit voller kantig-maskuliner Härte auf die Leinwand zurückgekehrt: vorbei die Zeit der glatten Gesichter von George Lazenby bis Pierce Brosnan, adieu kindische Superhelden-Gimmicks und vorhersehbare Drehbücher. In dem erfolgreichen Craigschen Relaunch knüpft der Geheimagent Ihrer Majestät wieder an seine Wurzeln an, und das heißt mit einem Wort: Sean Connery. 1962 debütierte der damals 32jährige, bis dato wenig bekannte Schauspieler in der Rolle seines Lebens.

Schon seine erste Szene in dem Spektakel „Dr. No“ nach dem gleichnamigen Roman von Ian Fleming hatte ikonische Qualitäten. „Ich bewundere Ihr Glück, Mister ...?“ fragte die schöne, aber glücklose Baccara-Spielerin ihren Kontrahenten. „Bond. James Bond“, antwortete der attraktive, aber auch etwas brutal wirkende Mann im Smoking, „tall, dark and handsome“, während er etwas arrogant die Augenbrauen hochzog und sich lässig die filterlose Zigarette in den Mundwinkel schob. Der ihr gegenübersaß, war ohne Zweifel ein casinoerfahrener „Mann von Welt“, der seinen Martini stets „geschüttelt, nicht gerührt“ zu sich nahm, flotte Autos fuhr, in teuren Hotels übernachtete und dem sich die Frauen scharenweise an den Hals und ins Bett warfen. Dahinter verbarg sich nichts weniger als eine Art Globetrotter im Geheimauftrag Ihrer Majestät mit der Lizenz zum Töten, einer Walther PPK und explodierenden bis funkfähigen Füllfederhaltern in der Tasche.

Mit nacktem Oberkörper und behaarter Brust

Aber war er auch ein echter Gentle­man, und ein britischer obendrein? Schon Ian Flemings originaler 007 war zur Hälfte schottischer Abstammung, der junge Schauspieler namens Sean Connery, geboren 1930 in Fountainbridge, Edinburgh, aber ein stolzer Vollblutschotte, der sich die Worte „Scotland Forever“ auf den Arm tätowieren ließ.

Im Gegensatz zu seinem sprücheklopfenden Nachfolger in der Agentenrolle, dem gebürtigen Londoner Roger Moore, war Connery trotz seines Abendanzugs und seiner feinen Manieren die proletarische Abkunft noch deutlich anzumerken. Aus einfachen Verhältnissen stammend, hatte er sich als Milchmann, Lastwagenfahrer, Sargpolierer und Bodybuilder durchgeschlagen und in jungen Jahren gar um den Titel des „Mr. Universum“ beworben. In den Bond-Filmen war er oft mit nacktem Oberkörper und wildwuchernd behaarter Brust zu sehen, was seine grobe, animalische Ausstrahlung noch verstärkte.

Wenn nach George Mikes die Briten im Gegensatz zu den Kontinentaleuropäern Warmwasserflaschen anstelle eines Sexuallebens haben, dann war Connerys Bond auch in dieser Hinsicht alles andere als britisch. Dabei sprang er, wenn es nötig war, mit den Frauen ziemlich rauh um: „Pussy“ Galore aus „Goldfinger“ (1963) wurde von ihm mit einem süffisant-selbstsicheren Macho-Lächeln ins Stroh eines Pferdestalls geknallt und nach anfänglichem, zwecklosen Widerstand von ihrem Lesbianismus bekehrt, während andere „Bond-Girls“ dazu herhalten mußten, Schüsse oder Schläge aus dem Hinterhalt abzufangen oder von ihm mit ihrem Bikini gewürgt wurden.

Die 007-Serie wurde zu einem der größten Kulthits der sechziger Jahre, stempelte Connery aber auch mit einem Image ab, das ihm bald lästig wurde. „Man lebt nur zweimal“ (1965) markierte den Abschied von dem auf Dauer künstlerisch unbefriedigenden Pop-Mythos, dem allerdings 1971 und 1983 noch zwei vereinzelte Nachzügler folgten. Unter der Regie von Kalibern wie Alfred Hitchcock („Marnie“, 1964), Sidney Lumet („Ein Haufen toller Hunde“, 1965) oder John Boorman („Zardoz“, 1973) entwickelte sich Connery nun zum ernstzunehmenden Charakterdarsteller.

Den zweiten großen Höhepunkt seiner Karriere erreichte er allerdings erst in den achtziger Jahren, in denen er mit Filmen wie „Der Name der Rose“ (1986), „Highlander“ (1986) und  „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ (1989) einer neuen Generation von Kinogängern zum Begriff wurde. Mit kahl gewordenem Kopf, einem angegrauten Brücken- oder Vollbart, seinem charakteristisch verschmitzten Lächeln, der Aura eines ehrenvoll in die Jahre gekommenen Haudegens und einem Schuß Altersgelassenheit leuchtete Sean Connerys Appeal charismatischer als je zuvor – eine spätere Umfrage kürte den damals 69jährigen gar zum „sexiesten Mann des Jahrhunderts“.

Der Proletariersohn, aus dem ein „Sir“ geworden war

Für die Besetzung des kurzen, aber entscheidenden Auftritts des Königs Richard Löwenherz in Kevin Costners „Robin Hood“ (1992) konnte nur einer in Frage kommen – Connery, der Proletariersohn, aus dem nun tatsächlich ein „Sir“ geworden war, zu dem er im Jahre 2000 auch offiziell von Königin Elisabeth II. geschlagen wurde. Dies geschah jedoch nicht wegen seiner Spionage-Einsätze auf der Leinwand, sondern wegen seiner Verdienste um seine schottische Heimat, für die er als leidenschaftlicher Patriot und Mitglied sowie finanzieller Förderer der linksnational-separatistischen Scottish National Party (SNP) auch politisch aktiv ist.

Seit einigen Jahren hat sich Connery offiziell aus dem Filmgeschäft zurückgezogen. Getreu dem alten James-Bond-Motto „Sag niemals nie“ wird er aber im Kino bald wieder zumindest zu hören sein: Für den Animationsfilm „Sir Billi“ lieh Connery der Titelfigur, einem exzentrischen, kilttragenden Tierarzt im schottischen Hochland, seine Stimme und seine Gesichtszüge. Am 25. August feiert der Erzschotte, den Steven Spielberg als einen der wenigen genuinen Filmstars unserer Zeit bezeichnete, seinen 80. Geburtstag.

Foto: Sean Connery vor der Fahne Schottlands (JF-Montage): Den Ritterschlag erhielt er für Verdienste um seine Heimat

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