© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/09 11. September 2009

Preuße aus Leidenschaft
Erik Lehnert

Die Wirkung eines Autors abzuschätzen, ist schwer, insbesondere bei jemandem wie Joachim Fernau. Nimmt man seine Auflagenzahlen, die bei einigen Büchern in die Millionen gehen, scheint der Fall klar: Wer so eindeutig Partei ergreift für das Wahre und Schöne, wer soviel gelesen wird – und Fernaus Bücher werden wohl selten ungelesen im Regal verstaubt sein –, der muß doch in den Lesern etwas zum Schwingen gebracht haben. Oder wurde er nur zur Unterhaltung oder Bestätigung der eigenen Meinung gelesen?

Das könnte man annehmen, wenn man die Literaturkritik zum Maßstab nimmt, von der Fernau vor allem als Ärgernis wahrgenommen wurde, an dem man schlecht vorbeikam. Seine größten Erfolge konnte Fernau in den 1960er und 1970er Jahren feiern. Danach blieb er erfolgreich, aber der Bewußtseinswandel von 68, den auch Fernau nicht aufhalten konnte, scheint sich doch ausgewirkt zu haben. Und auch die Wiedervereinigung, die Fernau nicht mehr erlebte (er starb am 24. November 1988), konnte das Interesse für ihn nicht wiederbeleben. Ein dezidiert konservativer Autor wie Fernau, der nach heutigen Maßstäben zweifellos ganz rechts verortet würde, wird nicht mehr in den Schaufenstern angeboten, hat aber sein Stammpublikum.

Dabei gibt es den Fernau, wie wir ihn kennen, erst seit 1952, als sein erstes Buch erschien: „Deutschland, Deutschland über alles …“, eine Geschichte der Deutschen. Fernau war zu diesem Zeitpunkt 43 Jahre alt. Seitdem schrieb er ein Buch nach dem anderen. Unterbrochen nur durch einige wenige Reisen, die eigene Malerei und Erweiterung der umfangreichen Kunstsammlung. Zu jedem Sachbuch betrieb er umfangreiche Studien, bevor er mit der Arbeit begann. Dann arbeitete er kontinuierlich an dem Manuskript, vor allem in den Abendstunden. Jeden beschriebenen Bogen legte er in eine Mappe, auf der für jedes Kapitel das Datum der Fertigstellung vermerkt wurde.

Insbesondere bei Büchern, die Fernau persönlich nahegingen oder deren Thematik er ablehnend gegenübersteht, kam es zu Phasen der Resignation und Niedergeschlagenheit. Jedesmal atmete Fernau auf, wenn das Manuskript nach Korrektur und Abschrift durch seine Frau an den Verlag ging.

Fernau ist uns als Autor des Herbig-Verlags so gegenwärtig, als ob dort alle seine Bücher erschienen wären. Dabei mußte er sein erstes Buch 27 Verlagen anbieten, bevor sich der Stalling-Verlag in Oldenburg bereit erklärte, es zu drucken. Aber selbst der Stalling-Verlag, der einst im Bereich der Konservativen Revolution eine große Rolle spielte und vor allem ehemalige NS-Leute, Hans Rößner und Wilhelm Spengler, im Lektorat beschäftigte, war vorsichtig und wollte eine ganze Reihe von Änderungen durchsetzen. Nach langen Verhandlungen konnte Fernau ihnen alle ausreden bis auf eine, die den 20. Juli 1944 betraf. Fernau hatte geschrieben: „Das Urteil der Geschichte wird lauten: Stümper.“ Jetzt stand dort: „Das Urteil der Geschichte wird jenseits von Gut und Böse stehen.“ Mit diesem Kompromiß erschien das Buch im Herbst 1952 und war für einen unbekannten Autor sehr erfolgreich; im ersten Quartal nach Erscheinen wurden 8.000 Stück verkauft, 1959 das 50. Tausend ausgeliefert. Doch Fernau war mit der Unterstützung seiner Arbeit durch   

den Verlag nicht zufrieden, da der seinen Projekten oft skeptisch gegenüberstand.

Schließlich führte Fernaus Geschichte der Liebe, „Und sie schämeten sich nicht“ (1958), zur Trennung. Fernau hatte das Manuskript eingereicht und lange keine Reaktion erhalten. Schließlich bekam er einen Brief voller Bedenken, eine nett formulierte Ablehnung, in der es unter anderem hieß, man gewinne den Eindruck, „daß es sich hier um keine Geschichte der ‘Liebe’, sondern um eine der Sexualität handelt …“.

Fernau war zu Konzessionen nicht bereit und mußte sich auf die Suche nach einem neuen Verlag begeben. Der Zufall führte ihn mit Walter Kahnert, dem damaligen Inhaber des Herbig-Verlags zusammen. Beide waren sich sympathisch, und Kahnert fand an dem Buch nichts auszusetzen. „Und sie schämeten sich nicht“ entwickelte sich rasch zu einem Bestseller, so daß Kahnert seine Entscheidung nicht bereuen mußte und das Verhältnis zwischen Autor und Verleger, von Kleinigkeiten abgesehen, ungetrübt blieb.

Als Kahnert 1964 starb, war das Schicksal des Verlags ungewiß, was Fernau beunruhigte und zu einem längeren Tauziehen mit dem neuen Verleger, Herbert Fleissner, führte. Dennoch erschien im Juni 1966 sein vielleicht wichtigstes Buch bei Herbig, „Disteln für Hagen“. Anhand der Nibelungen, des „deutschen Homer“, nahm Fernau eine „Bestandsaufnahme der deutschen Seele“ vor und wollte zeigen, „wie wir (Deutschen) immer und ewig sein müssen“. Das Ergebnis war zwiespältig: „Keiner kann der Idee so treu sein wie der Deutsche. Wo die Idee fehlt, schafft er sie. Wo das nicht möglich ist, ist er nicht treu.“ Nicht Siegfried, Hagen ist „der“ Deutsche. Zehn Jahre früher wäre das Buch vermutlich von den Feuilletons ohne größere Schwierigkeiten durchgewinkt worden. Doch 1966 galten schon andere Spielregeln, die den Vergleich der Schlacht um Stalingrad mit dem Untergang der Nibelungen auf der Etzelsburg nicht unwidersprochen lassen konnten.

Der Germanist Peter Wapnewski veröffentlichte am 3. Februar 1967 auf zwei ganzen Seiten in der Zeit einen Artikel über Fernau, in dem er ihm moralisch das Recht absprach, Bücher zu schreiben. Angriffe gegen Fernau hatte es auch vorher schon gegeben, aber nie an so prominenter Stelle (der Spiegel sprang wenig später auf den Zug auf). Wapnewski hielt Fernau einen Artikel vor, der am 30. August 1944 unter der Überschrift „Das Geheimnis der letzten Kriegsphase“ im Völkischen Beobachter erschienen war und dessen letzter Satz lautete: „Der Sieg ist wirklich ganz nahe.“ Wapnewski fragt: „… wie viele Menschen mögen für dieses Wort bezahlt haben, Gefallene, Aufgehängte?“

Fernau antwortete mit einem Leserbrief in der Zeit, daß der Artikel für das Radio im besetzten Frankreich bestimmt gewesen sei und auf Partisanen abschreckend wirken sollte: „Er war, wenn Sie die Güte haben wollen, der Wahrheit wenigstens nachträglich die Ehre zu geben, das erste offene Wort über unsere katastrophale Lage …“ Doch Wapnewski ging es weniger um den Artikel aus dem Jahre 1944 als darum, den Fernau des Jahres 1967 als unverbesserlichen Nazi abzustempeln – und seine Leser gleich mit.

Der Generationenkonflikt, der in den sechziger Jahren eskalierte, trat deutlich zutage. Fernau schrieb in „Deutschland, Deutschland über alles …“ zum Ende des Zweiten Weltkriegs: „Deutschland war im Besitz phantastischer Erfindungen, die sehr wohl imstande schienen, eine vollständige Wendung zu bringen … Aber die Zeit reichte bei weitem nicht mehr aus. Die Alliierten waren in Frankreich gelandet. Es war zu spät.“

Fernau fühlte sich also keineswegs durch die Alliierten „befreit“ und konnte sich 1952 noch mit einem Großteil der Deutschen darin einig sein. Er erzählte dies nicht aus der Perspektive eines Geschichtsprofessors oder mit erhobenem Zeigefinger, sondern als jemand, der der Katastrophe selbst gerade noch entronnen war. Dieser Sicht billigt Wapnewski keine Daseinsberechtigung mehr zu, da Fernau mit keinem „Nebensatz“ auch nur andeute, „daß Hitlers Sieg die noch furchtbarere Niederlage gewesen wäre“. Wapnewski sagte nicht, daß er es anders erlebt hat, sondern stellte apodiktisch fest, da er als Professor und damit als Autorität über den Laien urteilte. Mittlerweile sind Karteikarten aufgetaucht, nach denen Wapnewski seit 1940 als Mitglied der NSDAP geführt wurde, was die Vorwürfe gegen Fernau noch einmal in einem anderen Licht erscheinen läßt.

Die Generation, der Wapnewski (geb. 1922) angehört, hatte ihre prägende Jahre im Nationalsozialismus erlebt. Bei Fernau, der am 11. September 1909 geboren wurde, war das anders. Er erlebte zumindest die letzten Jahre der Weimarer Republik sehr bewußt und bewahrte sich vermutlich deshalb eine innere Distanz zur NS-Ideologie. In seinem Roman „Die jungen Männer“ (1960) versuchte er zu zeigen, wie die Machtergreifung Hitlers auf jemanden wirken konnte, der die ständigen Regierungswechsel der dreißiger Jahre erlebt hatte. Er ist aus der Sicht eines stummen, jungen Mannes verfaßt und kann sich deshalb des nachträglichen Kommentars enthalten. Die Situation stellte sich dem zeitgenössischen Betrachter als offen dar. Wer konnte wissen, wie das ausgehen würde? Fernau maßte sich auch im nachhinein nicht an, darüber zu urteilen, was jemand hätte wissen müssen.

Diese Distanz zu den Ereignissen der Zeit ist zunächst verwunderlich, wenn man weiß, daß Fernau seit 1930 in Berlin lebte und als Journalist arbeitete. Doch 1933 änderte sich für Fernau noch nichts. Erst ein Jahr später begannen sich die politischen Geschehnisse nach und nach auf ihn auszuwirken, und die Machtergreifung Hitlers erschien als einschneidendes Ereignis. Fernau wurde gekündigt, weil er nicht bereit war, in die NSDAP einzutreten, und arbeitete als freier Journalist. Die Olympiade 1936 erlebte er als Sonderberichterstatter für das Reichssportblatt und blieb auch danach in diesem Metier erfolgreich. Seit 1937 war er mit einer Jüdin verlobt, womit er gegen die Nürnberger Rassegesetze verstieß. Seine Verlobte konnte 1939 nach England ausreisen, und Fernau wollte ihr eigentlich folgen. Doch als er von einer Englandreise noch einmal nach Deutschland zurückkehrte, lag die Einberufung zum 1. September vor.

Damit begannen schwere Jahre für den überzeugten Zivilisten Fernau, der sich in die Welt des Militärs erst hineinfinden mußte. Fernau kam zunächst zu einem Polizeibataillon und mußte sich nach seiner Grundausbildung an der Vertreibung der Polen aus dem Posener Gebiet beteiligen. 1940 wurde er zur Waffen-SS abkommandiert, die gerade dabei war, eine eigene Kriegsberichterkompanie aufzubauen, und dafür Journalisten suchte.

Nach erneuter Grundausbildung erfolgte sein erster Einsatz im Frankreichfeldzug. Die Weltanschauungstruppe scheint ihm unbehaglich gewesen zu sein. Doch der Versuch, sich versetzen zu lassen, scheiterte. Nach einer halbjährigen Freistellung wurde er in den Kessel von Demjansk eingeflogen und anschließend zum Untersturmführer (Leutnant) befördert. Nach zahlreichen Einsätzen als Kriegsberichter im Osten erfolgte die Versetzung nach Paris zur „Feindpropaganda“. In diesem Zusammenhang entstand der erwähnte Artikel aus dem Jahr 1944.

In der Endphase des Krieges hatte Fernau Glück. Seine Einheit wurde nach Deutschland verlegt, und Fernau gelang es, sich in Bayern selbst zu demobilisieren und in München gemeinsam mit seiner Frau Gabriele, die er im März 1943 geheiratet hatte, unterzutauchen. Die Jahre bis 1949 waren hart und von Gelegenheitsarbeiten geprägt. Erst nach der Entnazifizierung konnte er wieder unter seinem richtigen Namen veröffentlichen. Zunächst machte er sich an die Aufarbeitung des Krieges. Sein Drama, das sein einziges blieb, „Des Sommers Grün“ (1979 als Privatdruck erschienen), beruht auf Notizen, die er sich im Kessel von Demjansk gemacht hatte, und versucht das Geheimnis der Tapferkeit in auswegloser Situation zu ergründen. Die Erzählung „Hauptmann Pax“ (1954) – der ursprüngliche Titel lautete „Bericht von der Furchtbarkeit und Größe der Männer“ – behandelt die Flucht deutscher Soldaten aus russischer Gefangenschaft während des Krieges. Es geht um die Frage: Wozu ist ein Mann fähig, wieviel Leid kann er ertragen?

Da in den Jahren des Wiederaufbaus vielen nicht der Sinn nach tragischen  Geschichten stand, schrieb Fernau unter dem Pseudonym John Forster einige kurzweilige Geschichten über das Kriegsende: „Heldentum nach Ladenschluß“ (1954 als Buch erschienen). Der hier angeschlagene, launige Ton findet sich dann auch in seinem ersten Buch wieder, an dem er seit 1950 arbeitete. Diese Sprache war der Schlüssel zum Erfolg. Das lag nicht nur daran, daß ihm die Schwierigkeit gelang, einfach zu schreiben. Es ist noch etwas anderes. Er vergleicht historische Begebenheiten mit der Gegenwart, um dem Leser das Verständnis zu erleichtern. Fernau nimmt den Leser an die Hand, spricht ihn direkt an, formuliert die Fragen, die sich dem Leser stellen könnten, und gibt Antworten oder suggeriert dem Leser die richtige Schlußfolgerung: Beispielsweise zum Peloponnesischen Krieg: „Sparta war nach 27jährigen Ringen der Sieger. Hatte es für die Zukunft eine bessere Idee? Gibt es Sieger, die eine haben?“

Fernau hat seinen Stil einmal als „rhetorisch“ bezeichnet und dabei auf Nietzsche als sein Vorbild für diese Sprache verwiesen. Die Urteile anderer gingen darüber weit auseinander. Eine Germanistin warf ihm in ihrer Dissertation vor, seine „reaktionäre, ja faschistische Konzeption witzig vorzutragen“, um sie „so unangreifbar wie möglich anbieten zu können“. Armin Mohler traf da schon eher den Punkt, wenn er schreibt: „Fernau setzt sich die Narrenkappe bloß auf, um dafür an jenen Stellen, auf die es ihm ankommt, um so unmittelbarer und ernster zu sprechen.“

Hinter diesem Ton verbarg sich aber auch eine tiefe Melancholie und resignative Traurigkeit. Die Mutlosigkeit bezeichnete er einmal als seinen größten Fehler. In dem stark autobiographischen Roman „Das wunderbare Leben“ (1975) finden sich einige Hinweise auf die Ursache dieser Haltung. Er schildert darin das Leben seiner Mutter als so bedrückend, daß es nur durch die Flucht in die Phantasie zu ertragen ist: Ihr Vater stirbt, nachdem er sein Vermögen verloren hat, die Familie verarmt. Sie verliebt sich in einen jungen, hoffnungsvollen Ingenieur, der sie schließlich für eine andere sitzenläßt. Nach Jahren des Wartens, die sie wie in Winterstarre verbringt, heiraten sie, nachdem seine Frau gestorben ist. Alles scheint gut, ein Sohn (er selbst!) wird geboren, ihr Mann ist beruflich erfolgreich und stirbt plötzlich. Mutter und Sohn klammern sich aneinander. Als die beiden wie alle Deutschen nach dem Ersten Weltkrieg aus Bromberg vertrieben werden, stirbt der Sohn an einer unheilbaren Krankheit. Die Mutter lebt seitdem völlig in der Phantasie, und als diese Parallelwelt bedroht ist, stirbt auch sie. Soweit der Roman. In Wirklichkeit zogen Mutter und Sohn erst nach Hirschberg, wo Fernau sein Abitur ablegte, und anschließend nach Berlin. Die Mutter starb 1943.

Diese Melancholie ließ Fernau nicht mehr los, und aller Erfolg konnte nicht darüber hinwegtäuschen, daß Fernau im Grunde seines Herzens traurig war. In seinen Büchern scheint diese Traurigkeit an vielen Stellen auf. In „Halleluja. Die Geschichte der USA“ (1977) bringt er sie besonders drastisch zum Ausdruck: „Es ist alles kaputt, was uns die Ewigkeit fühlen ließ, alles, was das Rasen der Uhr aufhielt und uns ahnen ließ, nicht verloren in der Vergänglichkeit zu sein.“

Jüngeren Lesern, die ihm diesen Pessimismus zum Vorwurf machten, antwortete er: „Sie sind jung, und wenn Sie hoffen wollen, so dürfen Sie es auch. Es genügt, dem Zerstörerischen nicht den kleinen Finger zu reichen.“

Bei seinem größten Verkaufserfolg, den „Rosen für Apoll“ (1961), waren diese pessimistischen Töne noch recht verhalten. Aber Fernau machte kein Hehl daraus, daß er der griechischen Antike mit Sympathie begegnete, und entwarf ein Gegenbild zu seiner Zeit, ohne die Parallelen zu vergessen. Als er später „Cäsar läßt grüßen“ (1971), die Geschichte Roms, schrieb, war Fernau nicht mehr so milde gestimmt. In Rom sah er vor allem das Abbild seiner Zeit: einer geistlosen Zeit, unter deren „Stumpfsinn“ er gelitten habe, wie er schreibt. Das hat viele Konservative, denen ja eine große Schwäche für das Römische Imperium nachsagt wird, vor den Kopf gestoßen. Armin Mohler sah es anders und bezeichnete Fernaus Buch als „eines der bittersten und sicher das furchtloseste Buch“ eines Deutschen nach 1945.

Seinem letzten Geschichtsbuch, „Sprechen wir über Preußen. Die Geschichte der armen Leute“ (1981), merkt man an, daß sich Fernau diesem Gegenstand mit weniger Bitterkeit und großer Liebe näherte. Die Geschichte der Preußen betraf ihn, den Nachfahren hugenottischer Einwanderer, selbst: „Begreife dich aus den Anfängen der Gemeinschaft deiner Vorfahren. Im Beginn der Gemeinschaft liegt die Entscheidung, ob das Molekül Sauerstoff oder Nitroglyzerin wird … Meine Vorfahren waren Preußen.“

Daß aus Hugenotten Preußen werden konnten, zeigt, daß „preußisch“ keine Staatsangehörigkeit war, sondern eine charakterliche Prägung, die es geben kann, obwohl Preußen nicht mehr existiert. Preußisch ist, in auswegloser Situation nicht aufzugeben: nicht weil man von der Hybris eines Endsiegs erfüllt wäre, sondern weil es sich so gehört. In diesem Sinne ist Fer­nau trotz seiner 100 Jahre nicht nur aktuell, sondern nach wie vor notwendig.

 

Dr. Erik Lehnert, Jahrgang 1975, studierte Philosophie, Geschichte sowie Ur- und Frühgeschichte. 2006 promoviert über Karl Jaspers und die Philosophische Anthropologie. Anschließend Lek-tor bei der Edition Antaios und Redakteur der Zeitschrift  „Sezession“. Seit 2008 ist er Geschäftsführer des Instituts für Staatspolitik (IfS).

 

 

Joachim Fernaus erstes Erfolgsbuch „Deutschland, Deutschland über alles …“ erlebte zahlreiche Neuauflagen

Aus einem Land wurde ein Vaterland, aus dem Vaterland ein Staat, aus dem Staat eine Idee. Preußen hat das Größte geschaffen, das ein Volk schaffen kann: einen Stil.

(aus: „Sprechen wir über Preußen“)

 

 

Als wir uns nach 1945 durchmogelten, durchschwindelten, durchkungelten und die Besatzungsmacht betrogen, waren wir so intakt, so gesund, so preußisch, wie dann nie mehr! Schief getretene Schuhe und eine geflickte Hose waren ein Ehrenkleid. Wer einen neuen Kamelhaarmantel trug, war suspekt. Ja, wir mogelten, kungelten und schwindelten, um durchzukommen; nicht, um reich zu werden; wir lebten gegen etwas. Dieses Etwas war nicht nur die Not; es war die Schande, gegen die wir lebten. Das ist preußisch. Verzeihen Sie: Das war preußisch.

(aus: „Sprechen wir über Preußen“)

 

 

Vielleicht ist Joachim Fernau heute der einzige Autor, der mit der deutschen Situation ganz ernst macht. Alle anderen schleppen Ballast mit sich, der sie am Sehen hindert – die Linken ihren längst durch die Wirklichkeit widerlegten Marx, die Konservativen ihre heile Welt, die es nie gab.

(Armin Mohler über Joachim Fernau)

 

Fotos: Joachim Fernau an seiner Schreibmaschine (1953): Zu Konzessionen nicht bereit, Joachim Fernau mit seiner Frau Gabriele drei Tage nach ihrer Hochzeit im März 1943

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