© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/08 12. September 2008

"Nicht genug Anhaltspunkte"
Peter Scholl-Latour: Das kann nicht von einer Hindukusch-Höhle aus organisiert worden sein
Moritz Schwarz

Herr Professor Scholl-Latour, sind die alternativen Erklärungsmuster für die Anschläge vom 11. September 2001 für Sie ein Thema?

Scholl-Latour: Nein, denn dazu sind nicht genug stichhaltige Anhaltspunkte vorhanden.

Es gibt allerdings in der Tat zahlreiche Merkwürdigkeiten. Denken Sie nur an die jüngste Debatte über den ebenfalls eingestürzten Gebäudekomplex Nr. 7 des Welthandelszentrums. Macht Sie keine davon stutzig?

Scholl-Latour: Was mich von Anfang an stutzig gemacht hat, war die Fixierung der USA nach dem 11. September auf Afghanistan. Die Attentäter waren junge Saudis, und die Anschläge - da hatte der ehemalige pakistanische Präsident und US-Verbündete Musharraf ganz recht - können nicht von einer Höhle am Hindukusch aus organisiert worden sein.

Die USA waren an diversen Verschwörungen, Morden und Völkerrechtsbrüchen beteiligt: der fingierte Überfall im Golf von Tonking, die Operation Phönix, das Geheimbombardement Kambodschas, der Putsch gegen Allende, die Lügen im Irak. Trauen Sie Washington grundsätzlich zu, ein Manöver wie den 11. September inszeniert zu haben?

Scholl-Latour: Hinter dem Tod von über 3.000 eigenen Bürgern zu stecken, das traue ich Washington nicht zu.

Unter den Vertretern der alternativen Theorien sind allerdings durchaus honorige Persönlichkeiten, wie zum Beispiel Ex-Bundesminister Andreas von Bülow.

Scholl-Latour: Das mag sein, aber das alleine reicht nicht aus, um ihre Erklärungen plausibel zu machen.

Was sind nach Ihrer Ansicht die wirklich wichtigen Fragen, die man zum Jahrestag des 11. September stellen müßte?

Scholl-Latour: Die Reaktionen damals waren spontan - Sie erinnern sich, wie Bundeskanzler Schröder seine uneingeschränkte Solidarität erklärte. Ergebnis dieser Aufwallung ist der Krieg in Afghanistan. Es gilt zu erkennen, daß dieser Feldzug ein Fehler ist - und warum der dennoch fortgesetzt wird, das ist es, wonach wir fragen sollten.

 

Prof. Dr. Peter Scholl-Latour, Jahrgang 1924, berichtet als Journalist und Publizist aus aller Welt. Neben zahlreichen Dokumentarfilmen veröffentlichte er bislang über 30 Bücher.

 

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