© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/07 07. Dezember 2007

Zeitschriftenkritik: The Intercollegiate Review
Amerikanische Denkmuster
Herbert Ammon

Die Herbstausgabe von The Intercollegiate Review, des Journals des konservativen Intercollegiate Studies Institute (ISI) ist - wie zuvor die Frühjahrsausgabe (JF 46/07) - mehrheitlich amerikanischen Themen gewidmet.

Nützlich zu lesen ist das Editorial des Herausgebers Mark C. Henrie. Angesichts des irakischen Abenteuers reflektiert er über die ideologisch eingefärbte amerikanische Außenpolitik. Sowohl in der Beurteilung des 11. September als auch in der Vorbereitung des Irak-Kriegs herrsche zwischen den heute als Kriegsgegner hervortretenden Liberalen und den Neokonservativen, den Stichwortgebern Bushs, völlige Übereinstimmung. Beide Lager erblicken dessen Ursache in ökonomisch-politischer Rückständigkeit, beide streben nach "Modernisierung" der nahöstlichen Gesellschaften. Der Unterschied liegt in der Methode: Die Liberalen setzen auf mäßigenden Einfluß, die (ex-liberalen) Neokonservativen auf handfesten Interventionismus. Daß es sich um einen Kulturkonflikt zwischen dem säkularen Westen und einem sich dem westlichen Universalismus versperrenden Islam handeln könnte, liegt außerhalb beider amerikanischer Denkmuster.

Eine tiefschürfende Untersuchung über den Vormarsch des Islam in Afrika gibt Lawrence E. Adams. Er betrachtet mit Skepsis das labile Gleichgewicht zwischen dem islamischen Norden und dem christlichen Süden im formal demokratischen Nigeria, dem mit 140 Millionen bevölkerungsreichsten Land in Afrika. Die Wurzeln des Islam südlich der Sahara reichen weit über tausend Jahre zurück. Heute gewinnt der Islam durch den Wahhabismus der Saudis und andere militante Strömungen an Stoßkraft. Er trifft auf ein vielfältiges und wachsendes Christentum. Der Autor wendet sich gegen die These von einer nachzuholenden Reformation und Aufklärung im Islam, die dem "offensichtlich totalistischen" Selbstverständnis selbst moderater Muslime entgegenstehe. "Der Begriff Islam heißt 'Unterwerfung', ein Muslim ist 'einer, der sich unterwirft'." Die Hoffnung auf einen moderaten Islam sei ein unerreichbares Wunschbild.

In den historischen Details nicht ganz überzeugend ist das Plädoyer des Pariser Historikers Pierre Manent für die zukünftige Lebenskraft der europäischen Nationen, die er im Gegensatz zu politischen Gebilden wie Stadt (Polis und Urbs) oder Imperium auf die mittelalterliche Kirche zurückführt. Die universale Kirche habe den christlichen König und mit diesem die Nationen hervorgebracht. Das mag für Frankreich gelten, nicht für den erwählten deutschen König und Kaiser.

Empfohlen sei noch die kritische Rezension der vom ISI publizierten Enzyklopädie des US-Konservativismus (JF 39/07). Ross Douhat spricht von der Melancholie, die so manchen Beitrag durchziehe, verweist auf die schrägen Vögel unter US-Protagonisten und betont die Unklarheit des Begriffs angesichts oft unvereinbarer Konservativismen. Das alles sei symptomatisch für die marginale Rolle der Konservativen im amerikanischen Geistesleben.        

Anschrift: Intercollegiate Studies Institute, 3901 Centerville Rd., P. O. Box 4431, Wilmington/Delaware. Preis: 3 US-Dollar. Internet: www.isi.org.


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