© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/07 07. Dezember 2007

Kolumne
Die amerikanische Krankheit
Bruno Bandulet

Den Regierungen und Notenbanken bleibt wohl nichts anderes übrig, als abzuwiegeln und zu beschönigen, aber der unabhängige Beobachter kommt um die Feststellung nicht herum: die von den USA ausgehende Banken- und Kreditkrise ist die gefährlichste seit den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts.

Und sie ist anders. Während damals Geldinstitute in Europa und Amerika en masse zusammenbrachen und in Konkurs gingen, stehen diesmal die Zentralbanken bereit, um zu intervenieren und zu inflationieren. Dabei ist der Spielraum der amerikanischen Federal Reserve enger als der der Europäischen Zentralbank. Der Dollar fällt und importiert damit Inflation, und wenn der Kursverfall irgendwann außer Kontrolle geraten sollte, würden die US-Zinsen steigen und die ohnehin kaum noch zu vermeidende Rezession verschärfen.

Das alles tangiert die Weltmachtstellung der USA. Diese beruht eben nicht nur auf militärischer Stärke, sondern auch auf der Rolle des Dollars als Weltreservewährung - eine auf das Ende des Zweiten Weltkriegs zurückgehende Konstruktion, die den Amerikanern erlaubt, mehr zu konsumieren, als sie produzieren, und die Ersparnisse der ganzen Welt anzuzapfen.

Wenn China mit seinen immensen Devisenreserven laut darüber nachdenkt, den Dollaranteil zu reduzieren, wenn die reichen Golfstaaten erwägen, die Dollar-Bindung ihrer Währungen aufzugeben, dann sind das Alarmsignale für die amerikanischen Weltmachtpolitiker.

Daß das Vertrauen in das amerikanische Finanzsystem schwer beschädigt wurde, liegt nicht zuletzt am Zynismus der New Yorker Finanzjongleure. Als sie erkannten, daß die Immobilienblase platzen würde, haben sie ihre faulen Kredite neu etikettiert, von den US-Rating-Agenturen beglaubigen lassen und, so gut es ging, ins Ausland verschoben. In einem Schreiben eines US-Insiders vom 30. Juli 2007, das mir vorliegt, heißt es, das "ernsthafte Geld" in den USA habe schon Ende 2003 aufgehört, die Schrottpapiere zu kaufen, und sodann einen Mechanismus benötigt, der es ermöglichte, "die neu verpackten Risiken an ahnungslose Käufer in Asien und Europa zu exportieren". So kam es, daß die Europäer und höchstwahrscheinlich auch der deutsche Steuerzahler die US-Rechnung mitbezahlen müssen. Wie hoch sie am Ende ausfällt, wie schlimm die wirtschaftlichen und finanziellen Folgen sein werden, ist noch völlig offen.

 

Dr. Bruno Bandulet ist Herausgeber des DeutschlandBriefes und des Finanzdienstes G&M. 


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