© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/07 30. November 2007

Frisch gepresst

Konservatismus. Wie weit konservative Denker - allen Kassandrarufen zum Trotz - in Wissenschaft und Gesellschaft hineinwirken können, läßt sich auch an den Festschriften ablesen, die ihnen gewidmet werden. So wird der Stuttgarter Sozialphilosoph Günter Rohrmoser, der am 29. November seinen 80. Geburtstag feiert (siehe Seite 21), mit einem Band geehrt, der nicht nur durch seinen beträchtlichen Umfang beeindruckt. Kollegen, Weggefährten, aber auch Kritiker Rohrmosers ergreifen hier das Wort: Philosophen von Hermann Lübbe bis Odo Marquard, Theologen von Wolfhart Pannenberg bis Eugen Biser, Historiker wie Ernst Nolte und Michael Wolffsohn, Sozialwissenschaftler von Meinhard Miegel bis Gertrud Höhler bis hin zu Politikern wie Günther Beckstein (CSU) und Klaus von Dohnanyi (SPD). Wer mit Rohrmosers Denken nicht vertraut ist, wird durch einen exemplarischen Vortrag über die "Globalisierung und die Zukunft der Nationalkulturen" oder das weit ausgreifende "philosophische Porträt" eines Mitherausgebers, des Erlanger Philosophieprofessors Harald Seubert, eingeführt (Philipp Jenninger, Rolf Peter, Harald Seubert, Hrsg.: Tamen! Gegen den Strom. Günter Rohrmoser zum 80. Geburtstag. Dr. Neinhaus Verlag, Stuttgart 2007, gebunden, 640 Seiten, Abbildungen, 38 Euro).

 

Nationalismus. Über den "Radikalnationalismus", der in der wilhelminischen Ära herangewachsen sei, getragen wesentlich vom Alldeutschen Verband, hat sich Hans-Ulrich Wehler im Laufe seines umtriebigen Historikerlebens nun wirklich hinlänglich oft ausgelassen. Natürlich stets unter Betonung der "Kontinuitäten": Vor 1914 begann der Rassismus und völkische Lebensraum-Imperialismus, der 1939 seine Fortsetzung fand, von "Oberost" führt ein schnurgerader Weg zum "Generalplan Ost". Warum Wehler einen von ihm derart abgenagten Knochen in hohem Alter noch einmal einem Doktoranden vorgeworfen hat, damit dieser sich daran labe, bleibt rätselhaft. Vielleicht mochte er Peter Walkenhorst nicht, vielleicht hat er ihn aber auch so sehr gemocht, daß er ihn nicht mit einer komplexen Thematik quälen wollte - herausgekommen ist bei der Sache jedenfalls nur, daß Walkenhorst, von Wehlers Stereotypen lediglich geringfügig abweichend, die üblichen Verdächtigen nochmals vorführt: Kolonialisten, Flottenenthusiasten, Pangermanisten des Ostmarkenvereins, Judenfeinde. Dazu noch der handelsübliche Schmus über Rasse als "semantischer Code", Nation als "diskursive Strategie". Fazit: Im Westen - in Bielefeld - nichts Neues (Nation - Volk - Rasse. Radikaler Nationalismus im Deutschen Kaiserreich 1890-1914. Vandenhoeck&Ruprecht, Göttingen 2007, broschiert, 400 Seiten, 49,90 Euro).


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