© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/07 16. November 2007

"Google-Ranking": Der Kampf um die Suchmaschinenplazierung
Pluralistisches Paradoxon
Erol Stern

Bekanntlich ist nichts beständiger als der Wandel. Und wie jeder gesellschaftliche Umbruch bringt auch der von der Industrie- zur Informationsgesellschaft ungewohnte Phänomene mit sich: etwa den regen Handel mit der Ware Information. Durch die wachsende Bedeutung des Internet hat sich zudem das Produkt "Suchmaschinenplazierung" als feste Größe in der (Schatten-) Wirtschaft etabliert. Denn  wer als Stecknadel im Heuhaufen Internet gesucht wird und damit Geld verdienen möchte, will schließlich auch gefunden werden.

Bereits in den Anfangszeiten des weltumspannenden Datennetzes sannen Geschäftemacher nach Mitteln und Wegen, sich in den Sortier-Algorithmen der Portale "hochzuarbeiten". Neben dem direkten und offiziellen Weg der werbetechnischen Bezahlung der Plattformen  bieten allerlei Trittbrettfahrer kommerziellen Web-Anbietern inoffizielle Pfade zum Gefundenwerden an. Wer das Geld hat, hat die Macht.

Als bahnbrechend galt daher der Ansatz des Startup Google, die die Relevanz ihrer Treffer auf den Erkenntnissen der Soziometrie aufbaute - einer Wissenschaft, die seit den 1930er Jahren Methoden der Sozialforschung entwickelte, um Beziehungen zwischen Mitgliedern einer Gruppe zu erfassen und zu analysieren. Besonders in einer bisweilen anarchistischen und leicht zu manipulierenden Umgebung wie der des Internet herrscht die Überzeugung, daß möglichst weitläufig verknüpfte Seiten - einer "Empfehlung" gleichend - einen außerordentlich vertrauenswürdigen Informationsgehalt bieten. Im realen Leben glaubt man schließlich auch eher hochangesehen Personen als einem Unbekannten.

Das als PageRank-Algorithmus titulierte Verfahren, eine Menge verlinkter Dokumente wie das Internet anhand ihrer Struktur zu bemessen und zu gewichten, wurde von Larry Page und Sergey Brin in ihrer Zeit an der Stanford University entwickelt, patentiert und bildet den Grundstein der Firma Google.

Informationen über den PageRank lassen sich aus der Browser-Erweiterung Google-Toolbar und dem Google-Verzeichnis entnehmen. Der im Toolbar angezeigte PageRank liegt dabei zwischen Null und Zehn, der im Verzeichnis zwischen Null und Sieben. Beide bilden den realen PageRank ab. Diese Bewertung, anfangs monatlich aktualisiert, wird inzwischen in Intervallen von mitunter mehr als hundert Tagen überprüft.

Kritiker monieren daran, daß finanzstarke Seitenbetreiber sich mehr sogenannte "Backlinks" erkaufen oder via Webringen und Blogs erschleichen können, was sich speziell kommerzielle Nachrichtseiten und linke Gruppierungen zunutze machen. Der PageRank liefert zudem keinerlei Aussagen zur Qualität einer Netzseite.

Genau diesen Mißstand hat Google nun angepackt, indem man reihenweise Bewertungen großer, etablierter Seiten senkte, was beispielsweise auch weniger bekannten Nachrichtenanbietern wie der JUNGEN FREIHEIT eine Gasse bricht.

So wurden selbst Mediengrößen wie washingtonpost.com oder forbes.com von Sieben auf Fünf, zeit.de gar von Acht auf Fünf und taz.de zusammen mit der netzeitung.de und selbst golem.de von Sechs auf Vier im Ranking herabgestuft. Jungefreiheit.de bekommt folglich mit einer Fünf mehr Gewicht, was der anstehenden Renovierung der Internetpräsenz kräftig Vorschub leistet.

Und genau hier offenbart sich das zugleich informations- und gesellschaftspolitische Paradoxon dieser Entwicklung: Werden die kleinen Informationsdienstleister gestärkt und die großen geschwächt, so zeigt sich eine größere Bandbreite der Meinungsbildung und Pressefreiheit samt resultierendem politischen Diskurs, der zugleich gegenläufig zur demokratischen Meinungsverteilung verläuft und folglich auch Populismus ausbremst. Gleichzeitig wird Minderheiten Gehör verschafft.

Fazit: Glaube keiner Suchmaschine, die du nicht selbst manipuliert hast ...


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