© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/07 16. November 2007

Aufgeschnappt
Panik vor dem Deutschlandlied
Matthias Bäkermann

Hoffmann von Fallersleben macht wieder Ärger. Diesmal hat er sich den Grimm des CDU-Landesvorsitzenden und Oppositionsführers im Mainzer Landtag, Christian Baldauf, zugezogen.  So wurde nämlich ein Faksimile einer Handschrift des berühmtesten dichterischen Werkes von Fallerslebens, seines 1841 auf Helgoland gedichteten "Liedes der Deutschen", auf der letzten Innenseite einer Festschrift zum 50. Bestehen des CDU-Ortsverbandes Bechhofen in der Südwestpfalz abgedruckt. Dieser Frevel genügte dem politischen Enkel Helmut Kohls in dessen Stammland, um seine Festrede zum Jubiläum Ende Oktober in Bechhofen umgehend abzusagen. In einem Schreiben an den CDU-Kreisvorsitzenden Peter Dincher, das statt dessen auf dem Fest verlesen wurde, wies Baldauf auf "den Fehler" hin, den Text in der Festschrift abzudrucken. Zudem würde "in den ersten beiden Strophen großdeutsches Gedankengut zu Ausdruck gebracht", zürnte der 40jährige Rechtsanwalt: "Ich distanziere mich auch durch mein Fernbleiben davon."

Im Ortsverband gab man sich ebenso ahnungslos wie folgsam. Man wisse nicht, wer "ohne Wissen oder gar Genehmigung" das Deutschlandlied plaziert habe - und dann sogar ohne jeden "erläuternden Kommentar". Umgehend wurde die nationalistische Lyrik in noch greifbaren Exemplaren überklebt. An der CDU-Basis in der Pfalz kam Baldaufs mutiges historisches Bekenntnis seltsamerweise nicht so gut an. Auch CDU-Bundestagsabgeordnete Erhard Lelle unterstellt ihm in der Rheinpfalz schnöden Opportunismus: "Ich bin mir hundertprozentig sicher, daß - egal, was er gesagt hätte - eine Kampagne gegen ihn gelaufen wäre."


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