© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/07 02. November 2007

Meldungen

Familie: Kein Zurück   zur "Wir-Gesellschaft"

WEINHEIM. Zweifellos zählt der Gießener Psychologe Horst Eberhard Richter zu den "Kriegsgewinnlern" der "Kulturrevolution" von 1968. Erst nach 1989 ist es um diesen friedens- und umweltbewegten Protagonisten des Zeitgeistes der 1970er Jahre, der bereits dreimal das Bundesverdienstkreuz mit der Begründung abgelehnt hat, es hätten zu viele "Exnazis" erhalten, ruhiger geworden. Gleichwohl bleibt der 84jährige Richter bestrebt, sich im "Diskurs" zu behaupten wie seine jüngste Einlassung zum Thema Familie belegt (Psychologie heute, 11/07). In der Sache scheint Richter dabei nicht einmal weit entfernt von Eva Herman und manchen Bischöfen zu sein. Beklagt doch auch er die "Augenblicksergebenheit" als "Kernmerkmal" der jüngeren Generation, deren Lebensstil von den "Flexibilitäts"-Anforderungen der Wirtschaft geprägt werde. Die moderne Arbeitswelt zerreiße "die Lebensgeschichte der Menschen in Episoden und Fragmente". "Langfristige", in der Familie gepflegte "Tugenden" hätten in der "flexiblen Gesellschaft" daher immer weniger Platz. Trotzdem gebe es für Frauen "kein Zurück mehr" aus dieser "Ich-" zur "Wir-Gesellschaft". Vielmehr sei es, so Richter gewohnt vage-verschwiemelt, die "aktuelle und künftige Aufgabe der Frau", ihren "Fürsorgesinn" und ihre "Gefühlskraft" in das "Konkurrieren mit den Männern" einzubringen. 

 

Heß-Flug: Dubiose Quelleninterpretationen

LONDON. Der auf dem deutschen "revisionistischen" Buchmarkt mit Büchern über Heß und Himmler höchst erfolgreiche britische Autor Martin C. Allen ist in seiner Heimat unter den Verdacht geraten, für seine Publikationen zentrale Dokumente gefälscht zu haben (JF 30/05). Das vom Public Record Office, dem britischen Staatsarchiv, 2005 deswegen eingeleitete Ermittlungsverfahren ist, wie auf Nachfrage zu erfahren ist, inzwischen jedoch eingestellt worden. Dies verwundert um so mehr, als Allens mindestens "eigenwilliger" Umgang mit Akten von deutscher Seite nun einer fundierten Kritik unterzogen wurde. In einer quellenkritischen, von der britischen Presse (The Independent vom 5. März 2007) begrüßten Studie weist der Berliner Historiker Ernst Haiger nach, daß es um Allens Seriosität als Zeithistoriker eher schlecht bestellt ist (Journal of Intelligence History, 6/2007). Haiger nimmt dabei vor allem Konstrukte der deutsch-britischen "Friedensfühler" in Allens "Das Geheimnis des Heß-Fluges" (2003) aufs Korn und analysiert die "dubiose und absurde Interpretation von Quellen", die im Kern nichts anderes beweise als den in der etablierten Forschung seit langem bekannten Umstand, daß es in Großbritannien 1940 keine politisch relevante Gruppierung gab, die mit Adolf Hitler oder dem Deutschen Reich hätte Frieden schließen wollen.


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