© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/07 12. Oktober 2007

Frisch gepresst

Die Schwänin. So hieß die gegen Horst Köhler klar unterlegene SPD-Kandidatin für das Bundespräsidentenamt, die Politologin Gesine Schwan, während ihrer langjährigen Tätigkeit am Otto-Suhr-Institut der FU Berlin. Schwan ist heute die kurz vor der Emeritierung stehende Präsidentin der Europa-Universität in Frankfurt/Oder. Und sie ist immer noch eine nicht nur hochschul- und bildungspolitisch hyperaktive, medienpräsente Professorin, die glaubt, vor allem im deutsch-polnischen "Dialog" Gutes wirken zu können. Liest man ihr autobiographisch gesprenkeltes, mit Hilfe der Zeit-Journalistin Susanne Gaschke formuliertes Plädoyer "Für eine neue Kultur der Gemeinsamkeit" (Allein ist nicht genug. Herder Verlag, Freiburg 2007, gebunden, 220 Seiten, 19,90 Euro), dann staunt man gewaltig darüber, wie wenig es bedarf, um als Politikberaterin Gehör zu finden. Was alle "kritisch" sehen, Globalisierung, Konsumismus etc., sieht natürlich auch Schwan "kritisch". Ihren Landesvater Matthias Platzeck lobt sie, weil er Brandenburg wieder "Perspektive gibt". Die Familienpolitik der Großen Koalition beseitigt "Modernisierungsrückstände". Weil ihre Mutter im 1921 polnisch annektierten Teil Oberschlesiens "in guten Beziehungen" zu polnischen Nachbarn lebte, habe sie als Tochter ein "freundliches Zusammenleben" zwischen den Nationen stets für selbstverständlich erachtet. Erst später begann sie zu ahnen, daß diese "Grundeinstellung gegenüber Polen in Deutschland keine sehr verbreitete Haltung war". Noch heute ist Schwan indes überzeugt, dies müsse wohl an den Deutschen liegen. Damit und mit einem Schock ähnlich naiver Plappereien dokumentiert sie, wie sehr ihr abgeht, was der von ihr zitierte Aristoteles Klugheit nannte, nämlich "Urteilsfähigkeit und intellektueller Mut".

Disziplin. Erziehungsratgeber haben Konjunktur. Wolfgang Bergmann, oft angefragter Kommentator in Presse und Fernsehen zu kinderpsychologischen Rezepten, möchte natürlich nicht abseits stehen. Bergmann will nämlich diesen "kinderfeindlichen Gehorsamspädagogen" - ohne Bernhard Bueb und dessen Forderung nach mehr Disziplin zu benennen - sein eigenes Konzept entgegensetzen. Allerdings vermag man hinter den Sowohl-als-auch-Erziehungsentwürfen, die zwischen Pestalozzi, Forderungen aus der antiautoritären Mottenkiste und der "Stillen Treppe" von "Super-Nanny" Katharina Saalfrank lavieren, kein griffiges Konzept zu entdecken. Dem Substrat, daß Kinder am besten mit einer fein abgestimmten Mischung aus Strenge und Liebe geraten, kann wenigstens keiner ernsthaft widersprechen (Disziplin ohne Angst. Wie wir den Respekt unserer Kinder gewinnen und ihr Vertrauen nicht verlieren. Beltz Verlag, Weinheim 2007, gebunden, 184 Seiten, 17,90 Euro).


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