© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/07 12. Oktober 2007

Frisch gepresst

Brahms. Rechtzeitig zum 175. Geburtstag von Johannes Brahms am 7. Mai 2008 hat der Faber & Faber Verlag ein bereits 1997 anläßlich des 100. Todestags des Komponisten veröffentliches Werk neu herausgebracht. Mit dem Untertitel "Ein Sommerkomponist" schuf Johannes Forner, langjähriger Chefdramaturg des Leipziger Gewandhausorchesters, weniger eine Biographie im hergebrachten Sinn, sondern eine volkstümliche Einführung in das Leben und insbesondere in die wichtigsten Schöpfungen Brahms', die fast alle in Sommermonaten entstanden. Sommerkomponist gilt als Attribut für den Autor auch deshalb, weil er überzeugend darstellt, daß Brahms' Schöpfungen gar nicht so melancholisch sind, wie ihnen oft nachgesagt wird. Man spürt die besondere Liebe des Verfassers zu Johannes Brahms, und man spürt seinen Wunsch, daß sich diese Liebe auch auf die Leser übertragen möge. Es ist kein Buch für Fachleute, aber es ist populär im besten Sinne des Wortes. Wer bisher wenig über den Komponisten und sein Werk weiß, für den wird es eine reiche Lektüre sein, mögen auch hier und da einige kleine sachliche Fehler hervorlugen (Brahms. Ein Sommerkomponist. Faber & Faber, Leipzig 2007, gebunden, 320 Seiten, 17,90 Euro).

Kleist. Das Rennen ist eröffnet: Auch Jens Bisky, Feuilleton-Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung, hat seinen biographischen Beitrag zum 230. Geburtstag des Dichter Heinrich von Kleist abgeliefert und sich der starken Konkurrenz gestellt, die mit ihren Biographien (Gerhard Schulz bei C.H.Beck, Herbert Kraft bei Aschendorff oder Klaus Peter bei Winter in Heidelberg) dem Wandelnden zwischen "Ruhe und Ruhm", der nicht mehr Klassiker, aber auch kein Romantiker war, ein weiteres Denkmal setzt. Obwohl studierter Germanist, scheint Bisky neben dem Werk besondere Faszination für die geistesgeschichtlichen Prägungen dessen wenig geradlinigen Lebens gewonnen zu haben. Einem alten preußischen Geschlecht mit langer Militärtradition entstammend, wechselte Kleist ständig zwischen halbwegs gesicherter Existenz als Offizier oder Beamter in prekäre Verhältnisse einer "Dichterexistenz" oder auch nur eines Bauern, ständig geleitet von einem Enthusiasmus, der vielleicht für die unstete Epoche der Revolution und Restauration, alter adliger Kultur und bürgerlichen Aufbruchs so typisch war (Kleist. Eine Biographie. Rowohlt Verlag, Berlin 2007, gebunden, 527 Seiten, 22,90 Euro).

Siedler. Vor knapp zwanzig Jahren widmete der große Preuße Wolf Jobst Siedler diesem untergegangenen Sehnsuchtsland seine ganz eigenen "Wanderungen". Nun sind die fast poetischen Aufnahmen aus Brandenburg, die bis in die fernen preußischen Regionen an Weichsel und Memel reichen, neu aufgelegt worden. Obwohl insbesondere die Gebiete östlich der Oder keineswegs nähergerückt sind, rührt heute die fast resignative Schilderung der "abgeräumten Bühne" samt "verbrannter Kulisse" in der DDR, die Siedler beispielhaft im damals "Marxwalde" genannten Neuhardenberg erkennt. Sein Dokument von 1988 scheint deshalb inzwischen fast aus einer ähnlich entfernten Sphäre zu stammen wie Fontanes Landschaftsgemälde (Wanderungen zwischen Oder und Nirgendwo. Siedler Verlag, München 2007, gebunden, 157 Seiten, Abbildungen, 14,95 Euro).


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