© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/07 12. Oktober 2007

UMWELT
Natürliches Wachstum
Volker Kempf

Was feiert der Mensch nicht alles für Triumphe: Die Landwirtschaft ist hochtechnisiert sowie chemisiert und so ertragreich wie nie zuvor. Der Konsument kann unabhängig von der Jahreszeit Agrarprodukte kaufen, auch Äpfel vom anderen Ende der Welt. Wem soll man da mehr danken als dem Menschen und seinem Erfindergeist? Halt, kann da Erzbischof Robert Zollitsch anläßlich der Überreichung der Erntekrone der deutschen Landwirtschaft an Bundespräsident Horst Köhler in Berlin nur zurufen: "Auch in einer hochtechnisierten Landwirtschaft, wie der unsrigen, gilt, was Jesus im Gleichnis deutlich macht: Keine menschliche Mühe, kein noch so durchdachter Handgriff kann an die Stelle des natürlichen Wachstums treten."

Zollitsch erinnerte auch daran, daß Ernte in der Geschichte immer auch soziale Verantwortung beinhaltete, indem etwa auf dem Acker keine Erntenachlese betrieben wurde, so daß die Armen auch noch etwas zum Leben hatten. Die vielfachen Abhängigkeiten zwischen Mensch und Natur und auch der Menschen untereinander bedürfen in der unübersichtlich gewordenen Lebenswelt der Besinnung. Wo kämen wir sonst hin? In die totale Wirtschaft, die keine Kultur mehr kennt. Auch das machte Zollitsch deutlich und stellte seine Rede unter das Motto: "Die Natur nutzen, nicht ausnutzen". Unterstützung für die, die in der Agrarwirtschaft und Lebensmittelproduktion in Politik und Privatleben "ethische Maßstäbe einhalten" und sich für den "Schutz der Natur einsetzen", sind, fordert Zollitsch, nötiger denn je. Dafür sollten wir unsere Sinne schärfen, täglich neu. Der Schulterschluß von Kirche und Natur- sowie Tierschutz ist aber kein Zufall, sondern letztere haben selbst religiöse Wurzeln.


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