© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/07 12. Oktober 2007

Gefeierte Rückkehr
Forum Deutscher Katholiken: Eva Hermans erster öffentlicher Auftritt nach ihrer Entlassung / Minister legt Schirmherrschaft nieder
Anni Mursula

Eva Herman wird begeistert empfangen. Der erste öffentliche Auftritt der Ex-Nachrichtensprecherin und Buchautorin nach dem Streit um ihre in der Öffentlichkeit falsch wiedergegebenen Äußerungen zur Familienpolitik der Nationalsozialisten und der daraufhin erfolgten Kündigung durch den NDR (JF 38/07) gerät zum Triumphzug. Daß sie gerade hier, bei dem jährlichen vom konservativen Forum Deutscher Katholiken organisierten Kongreß "Freude am Glauben" in Fulda Rückendeckung finden würde, war keine große Überraschung. Doch eine Selbstverständlichkeit war der lang anhaltende Applaus der etwa 800 Teilnehmer, die Herman stehend empfangen, trotzdem nicht.

Denn nur wenige Tage vor dem dreitägigen Kongreß am vergangenen Wochenende war die Veranstaltung wegen der Einladung an Herman in die Kritik geraten: Durch den öffentlichen Druck - oder genauer gesagt aufgrund des Drucks des Lokalblattes Fuldaer Zeitung - hatte der hessische Staatsminister Alois Rhiel (CDU) schließlich am Tag der Kongreßeröffnung am vergangenen Freitag seine Schirmherrschaft niedergelegt. Er begründete seinen Schritt mit der Weigerung der Kongreßveranstalter, Eva Herman auszuladen.

Rhiels Rücktritt war für die Veranstalter ein Schock. Vor allem weil der Staatsminister als Sympathisant des seit 2000 tagenden Forums galt, das sich als Plattform papst- und kirchentreuer Katholiken versteht.

"Daß Staatsminister Rhiel so kurzfristig zurückgetreten ist, empfinde ich als unmöglich. Schließlich stand unser Programm sehr lange im voraus fest", sagte der Mitgründer und Vorsitzende des Forums Deutscher Katholiken, Hubert Gindert, gegenüber der . Es sei traurig, daß ein Politiker aufgrund von Mediendruck so schnell "in die Knie" gehe. Was, so fragte Gindert, könne man dann noch von Politikern erwarten, wenn in diesem Staat "echte Krisen" auftreten? In seiner Entscheidung blieb der emeritierte Professor für Betriebswirtschaft standhaft und sah trotz des Drucks seitens der Presse und Politik keinen Anlaß dazu, Eva Herman als Rednerin auszuladen. "Wir wollen die Reihe Heitmann, Jenninger, Filbinger, Hohmann nicht fortsetzen", sagte Gindert.

Mütter sind nur etwas wert, wenn sie berufstätig sind

"Die Familie ist momentan in Deutschland in der Diskussion. Aber um das Kindes- oder Mutterwohl geht es dabei nicht", sagt Alois Konstantin Fürst zu Löwenstein, Moderator des Kongresses. Zu diesem Thema gebe es in Deutschland eine eingeschränkte Meinungsfreiheit, wie der Fall Eva Herman nur zu deutlich gezeigt habe. "Sie sind eine tapfere Frau, und ich freue mich, daß sie heute dabei sind", kündigt er die Gastrednerin an. Das Publikum begrüßt die Buchautorin mit heftigem Applaus, der kaum aufzuhören scheint, bis Herman mit ihre Rede beginnt. "Vielen Dank für die Einladung - und daß sie bestehen blieb. Ich bin froh, hier zu sein", sagt die ehemalige Nachrichtensprecherin. Die vergangenen Wochen seien schwer gewesen, aber viele Menschen hätten ihr Mut gemacht. "Letztlich weiß ich, warum ich diesen Weg gehe." Es sei nicht immer leicht, aber es sei der richtige Weg - und vor allem notwendig, davon ist Herman überzeugt. Das ermutige sie, die Diskussion weiterzuführen, "da hilft auch kein Berufsverbot".

Der Mechanismus sei ihr inzwischen vollkommen klar: "Alles, was nach Familie, nach Glück mit Ehepartnern und mit Kindern, nach dem Weiblichen, dem Männlichen und dem Muttersein klingt, wird in unserem Land leider auffallend schnell mit Nazi-Parolen in Zusammenhang gebracht", sagt Herman. Sobald jemand das Wort ergreife und sich für diese Werte einsetze, werde er bombardiert. "Es wird Nazi-Lob in ihn projiziert, und gleichzeitig wird er als Sympathisant öffentlich verurteilt." Es sei egal, wie derjenige wirklich dazu stehe, oder ob er sich "jahrelang entschieden gegen Rechts eingesetzt" habe. Sie selber habe das ja getan.

Offiziell könnten Frauen heute wählen, ob sie berufstätig sind oder zu Hause bleiben wollten. Aber die Realität sehe anders aus: So seien sie zum Beispiel aus finanziellen Gründen dazu gezwungen, möglichst früh wieder in die Arbeitswelt zurückzukehren. "Es macht mich fassungslos, wenn ich denke, daß Mütter heute nur dann etwas wert sind, wenn sie berufstätig sind." Sie müßten alles gleichzeitig meistern - einen "Spagat" zwischen Beruf und Familie, der "Extremsport" gleiche, sagt sie und erntet Beifall. Dabei sähen sich viele Frauen selbst gerne in der Opferrolle.

"Man muß doch eine andere Meinung vertreten dürfen"

Daß Frauen in der heutigen Zeit oft selbst die hohen Ansprüche an sich stellten, würde wenig thematisiert. "Wir Frauen hegen heute fast Allmachtsgefühle - ja, fühlen uns beinahe omnipotent", sagt Herman. Daß Frauen aber nicht alles können oder können müssen, traue sich niemand zu sagen. Denn das passe nicht zum feministischen Weltbild, nach dem Frauen alles schaffen könnten.

Durch ein solches Bild würden Frauen keine Grenzen gesetzt, was letztendlich zu Unzufriedenheit, Scheidungen und Bindungsunfähigkeit führe. "Durch meine Schwangerschaft habe ich zum ersten Mal verstanden, daß ich nicht im Mittelpunkt stehe", sagt Herman. "Ich empfinde es deshalb als meine Verantwortung, darüber zu reden und zu sagen, daß wir nicht alles leisten und alle Anforderungen erfüllen können. Daß wir Frauen am Ende sind." Dem stimmt auch Moderator Fürst zu Löwenstein zum Schluß zu: "Frauen haben hart dafür gekämpft, zu arbeiten, aber sicherlich nicht dafür, Arbeitssklaven zu werden."

Das Foyer des Kongreßzentrums Esperanto in Fulda ist voll: Hunderte Teilnehmer nutzen die kurzen Pausen zwischen den zahlreichen Reden für einen Besuch der Eingangshalle des Tagungszentrums. Gutgelaunt stöbern sie an den etwa dreißig aufgebauten Ständen verschiedener katholischer Initiativen, Verlage und Orden. Auch die meisten Lebensrechtsorganisationen sind vertreten. Sie verteilen Anstecker und Infobroschüren. Das Publikum ist ziemlich durchmischt: von Jugendlichen bis zu Senioren, auch zahlreiche Nonnen, Mönche und Pfarrer nehmen teil. Zudem ist der Kongreß dank des aufwendigen Kinder- und Jugendprogramms von Familien gut besucht.

Bei einer Tasse Kaffee wird in der Pause über "Gott und die Welt" diskutiert. Zwei ältere Damen regen sich über die Familienpolitik der Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf: "Ihre Politik bietet keine echte Wahlfreiheit für Frauen. Das Geld sollte nicht in die Krippen investiert, sondern den Eltern gegeben werden - so daß sie selber entscheiden können, was sie für ihre Kinder möchten."

Aber auch hier bleibt der Auftritt von Herman ein heißdiskutiertes Thema: "Endlich sagt einer so etwas in der Öffentlichkeit. Darauf habe ich lange gewartet", sagt eine junge Frau. "Es ist gut, daß sie hier auftreten darf. Man muß in einer Demokratie doch auch eine andere Meinung vertreten können."

Das Forum Deutscher Katholiken im Internet: www.forum-deutscher-katholiken.de

Foto: Kongreßpublikum in der Esperanto-Halle in Fulda, Gastrednerin Eva Hermann: Die Buchautorin wurde von den Veranstaltern trotz öffentlichen Drucks nicht ausgeladen


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