© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/07 05. Oktober 2007

Zeitschriftenkritik: Konkret
Antideutsche Borniertheit
Werner Olles

Nicht nur die Blätter für deutsche internationale Politik feierten jüngst ihren fünfzigsten Jahrestag, auch Konkret darf auf fünfzig Jahre zurückblicken. Zwar attestiert Herausgeber Hermann L. Gremliza in der Jubiläumsausgabe dem eigenen Blatt, das 1955 als im Dunstkreis der illegalen KPD angesiedelter Studentenkurier das Licht der Weit erblickte und sich zwei Jahre später in Konkret umbenannte, in dieser Zeit "Fehler über Fehler" gemacht zu haben, doch seien die meisten "auf der Stelle" korrigiert worden.

Daß die Zeitschrift seit ihrer Gründung auf der Gehaltsliste der DDR stand und ohne diese monatlichen Alimentationen wohl nicht überlebt hätte, scheint indes für Gremliza kein Problem zu sein. So ist er auch bis heute ein echter Fan Walter Ulbrichts geblieben, wenngleich ihm dessen zeitweiliger nationaler Kurs eigentlich kaum behagen dürfte.

Konkrets langer Weg vom Hausblatt der DDR- und moskauhörigen SDS-Fraktion zum "Zentralorgan" der Außerparlamentarischen Opposition (APO) in den späten sechziger und frühen siebziger Jahren - die Auflage erreichte damals 200.000 Exemplare, nachdem sich das Blatt allen relevanten Strömungen der radikalen Linken geöffnet hatte und Autoren wie Stefan Aust, Rudi Dutschke und Günter Wallraff hier anheuerten - bis hin zum Lautsprecher der "Antideutschen" ist eine durchaus aufregende Geschichte. Hier saß Ulrike Meinhof, die Ehefrau des damaligen Herausgebers Klaus Rainer Röhl, an der Schreibmaschine und hämmerte ihre Kolumnen gleichsam in die Köpfe militanter Sympathisanten. So war es auch ein konsequenter Schritt, als sie die Feder mit der Maschinenpistole tauschte, um gegen das verhaßte "Schweinesystem" mit terroristischen Methoden zu kämpfen.

Die Zeitschrift hat auch diese Zäsur überstanden. Röhl, der später zum Rechts-Konservatismus konvertierte, verlor allerdings den Titel, die Auflage sank dramatisch. Heute dürfte sie bei etwa 40.000 liegen, was immer noch ziemlich viel ist für ein Blatt, das in diversen Verfassungsschutzberichten unter der Rubrik "Linksextremistische Bestrebungen" geführt wurde. Gremliza, vom Spiegel kommend, trimmte das Blatt seit Ende der achtziger Jahre auf einen stramm antinationalen Kurs. Dabei ist es bis heute geblieben.

So ist die Jubiläumsausgabe auch recht dürftig ausgefallen. Ulla Jelpke, die früher im stalinistischen Kommunistischen Bund (KB) aktiv war und heute für Die Linke angebliche Rechte beobachtet, darf sich wie gehabt über "die wachsende gesellschaftliche Toleranz gegenüber Neonazis" auslassen. "Effektiver Widerstand" gegen diesen Vormarsch sei nicht in Sicht, schreibt eine weitere Autorin, die Leiterin der mobilen Opferberatung in Sachsen-Anhalt ist. Über Hitlers Black Blocs" schreibt Michael Klarmann, während Ralf Schröder sich "Becks Prinzessin" Andrea Nahles vornimmt und Jörg Kronauer "Die euro-islamische Brücke" analysiert.

Echte Abwechslung bietet erst die letzte Seite mit der immer noch und immer wieder lesenswerten Sprach-Kolumne "Gremlizas Expreß", deren Lektüre auch für Nichtlinke ein wahrer Genuß ist.

Weit schmerzlicher als ein sich fortwährend überschlagender "Antifaschismus" fällt jedoch der Verlust von Autoren wie Jürgen Elsässer und Eckhard Henscheid auf. Während der erste gehen mußte, weil er den antideutschen" Obskurantismus nicht mehr mittragen wollte, und sich inzwischen auf Lafontaines Spuren in der Jungen Welt tummelt, traf Henscheid der Bannstrahl, nachdem er erstmals in der JUNGEN FREIHEIT publiziert hatte. Das ist nicht nur für die Leser schade, sondern auch für Konkret, das ohne die ,antideutsche" Hirntragödie seines Chefs womöglich eine neue Weltbühne hätte werden können.

Anschrift. KVV Konkret GmbH, Ruhrstr. 111, 22761 Hamburg. Einzelpreis. 4,80 Euro, Jahresabo. 53 Euro. Internet: www.konkret-verlage.de/KVV


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