UMWELT
Schmelzende Schokolade
Volker Kempf

Angela Merkels Grönland-Besuch konnte einem - auch ohne Fernsehen - selbst auf Auslandsreise nicht entgehen. Warum aber bis Grönland reisen, um zu sehen, wie schmelzende Eisberge aussehen? In Monaco gibt es ein berühmtes Museum, in dem Karten zum Rückgang der Eisflächen zu sehen sind. Das hätte auch als "Staatsbesuch" verkauft werden können. Warum überhaupt so weit in die Ferne schweifen? Hierzulande schmilzt die Schokolade dahin. Weil dem so ist, hat Ferrero seiner Praline "Mon Chéri" - die mit der "Piemont-Kirsche" drin - vor Jahrzehnten Sommerpausen auferlegt und diese nun um drei Wochen verlängert, so daß sie bis Mitte September reichen. Diese Maßnahme sei notwendig, da die Hitzeperioden in Deutschland länger geworden seien und dies nach Einschätzung von Meteorologen so bleiben werde.

Eine Reise zu dem Pralinehersteller in Frankfurt hätte es für die Kanzlerin auch getan und klimafreundlich Flugkilometer eingespart. Kampagnenfähig wäre eine solche Reise auch: "Jetzt schmilzt schon die Schokolade dahin. Unbedingt noch mehr Treibhausgase einsparen." Publizität könnte gesichert werden. Ferrero lehrt aber etwas anderes: Was man nicht ändern kann, muß man hinnehmen und neu handhaben. Wie stellen wir uns auf die Klimaerwärmung ein, die bereits stattfindet? Längere Sommerpausen mögen hier, höhere Dämme und hitzetauglichere Bauweisen mögen dort von vorausschauendem Handeln zeugen. Die rasant fortschreitende Überhitzung des Klimas kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß Überhitzung auch in den Köpfen von Journalisten stattfindet. Doch dieses altbekannte Problem wird am wenigsten aufgegriffen. Ein Thema, das ignoriert wird, ist das brisanteste.