© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/07 07. September 2007

Kieler RCDS bleibt verdächtig
Meinungsfreiheit II: Die Hochschulgruppe der Christdemokraten muß damit leben, sich mangelnde Distanz zum Rechtsextremismus vorwerfen zu lassen
Jochen Arp

Die Klage der Kieler Hochschulgruppe des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) gegen sechs linke bis linksradikale Studentenorganisationen an der Christian-Albrechts-Universität auf Unterlassung von Behauptungen, der RCDS "lasse zu Positionen, die im Umfeld von Neonazis und Unbelehrbaren gang und gäbe sind, fehlende Distanz erkennen", ist gescheitert (JF 34/07). Das Gericht wies die Klage ab.

Die linken Gruppen hatten in einem Flugblatt den RCDS in die Nähe von Neonazis und Rechtextremen gerückt, weil die Hochschulgruppe sich nicht von dem Vortrag zum Thema "Die Amerikanisierung der deutschen Sprache und Kultur" des emeritierten Kieler Germanisten Heinz-Günter Schmitz und von der Diskussion, in der ebenfalls rechte Ansichten vertreten worden seien, distanziert hatte. Die Richterin berief sich auf das Redemanuskript des Germanisten, in dem sie Formulierungen gefunden zu haben glaubt, die auf eine rechte Gesinnung des Professors und seiner Zuhörer schließen lassen könnten. Hierzu zählt sie auch die Behauptung, durch die "Amerikanisierung" drohe eine "Überfremdung" der deutschen Sprache und Kultur. Aber schon die von Schmitz gebrauchten Begriffe "Selbstbestimmung" und "Fremdbestimmung" seien ebenso typisch rechtsradikal wie die Formulierung, Deutschland habe 1945 eine "totale Kriegsniederlage" erlitten. Daher sei die Behauptung der Linken, das alles deute auf eine rechtsradikale Gesinnung hin, nicht ohne Berechtigung gewesen.

Daß ein solcher Verdacht berechtigt sei, gehe auch aus einem fünf Jahre zurück liegenden Vorfall hervor, als der damalige RCDS in Kiel auch Mitglieder hatte, die der Deutschen Hochschulgilde Theodor Storm angehörten.  Diese Gilde hatte den "Ökofaschisten" Baldur Springmann reden lassen und sei daher rechtsradikal. Seinerzeit habe der RCDS Angriffe linker Hochschulgruppen nicht widerlegt, was den heutigen Verdacht auf rechtsradikale Gesinnung stärke.

Jetzt meinte die Richterin, solche Vorkommnisse ließen den Verdacht auf neonazistische Einstellungen zu. Damit fallen die neuen Angriffe der Linke unter die Meinungsfreiheit, die zu den höchsten Gütern der Demokratie gehöre. Die Klage auf Unterlassung sei unberechtigt. Der RCDS könne sich gegen solche Vorwürfe mit Flugblättern und anderen publizistischen Mitteln wehren. Die sechs betroffenen Hochschulgruppen, darunter die der Grünen, der Jusos und der Linken, registrierten die Entscheidung des Amtsgerichtes mit Erleichterung. Die Junge Union sowie die Liberale Hochschulgruppe, die zunächst das Flugblatt gegen den RCDS mit unterzeichnet hatten, waren in der Zwischenzeit davon abgerückt und hatten Unterlassungserklärungen abgegeben.

Der RCDS kann gegen das Urteil in die Berufung gehen. In der vorangegangenen Sitzung des Gerichts hatte sein Anwalt diesen Schritt angekündigt. Es bleibt abzuwarten, ob die Christdemokraten die Auseinandersetzung tatsächlich annehmen.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen