© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/07 07. September 2007

Schwarzer Block und "reaktionäre Kostümnazis"
Parteien: NPD will "autonome Nationalisten" aus ihren Reihen verbannen / Anleihen an linke Jugendkultur
Felix Krautkrämer

Alles begann mit einer Erklärung des NPD-Parteipräsidiums vom 15. August, in welcher die Parteiführung bekanntgab, daß von nun an bei Demonstrationen "auch auf die Gefahr künftig geringerer Teilnehmerzahlen hin" ein sogenannter "Schwarzer Block" in den eigenen Reihen unerwünscht sei.

Hintergrund dieser Erklärung ist der Anfang 2005 zwischen NPD und DVU beschlossene Deutschlandpakt (JF 27/05), in dem die beiden Parteien eine enge Zusammenarbeit vereinbarten und in den auch die als "freie Kräfte" des nationalen Lagers bezeichneten Gruppierungen eingebunden wurden.

Das Konzept der "Volksfront von rechts" sieht vor, daß Kameradschaften, "autonome Nationalisten" und andere Gruppierungen mit ihrem Personal den Großteil des Wahlkampfes auf der Straße führen - vor allem auch in Stadtteilen, in denen das Verteilen von NPD-Werbematerial nicht selten ein körperliches Risiko darstellt. Im Gegenzug dazu setzt die NPD führende Köpfe der "freien Kräfte" und populäre Größen der rechtsextremen Musikszene auf aussichtsreiche Listenplätze.

Seit einiger Zeit haben sich die "autonomen Nationalisten" zu einer Szene entwickelt, die optisch stark an das linksautonome Lager erinnert. Dazu gehören schwarze Kapuzenpullover, Sonnenbrillen und Transparente mit Aufschriften wie "Revolution - Nicht mehr/weniger" oder die schwarz-roten Doppelfahne, eigentlich das Erkennungszeichen der Antifa.

Ziel ist es unter anderem, Verwirrung auf seiten linksradikaler Gegendemonstranten und der Polizei zu stiften. Aber auch praktische Gründe sprechen nach Ansicht der "autonomen Nationalisten" für das neue Erscheinungsbild.

Die "Vermummung" mache es möglich, an einer Demonstration teilzunehmen, ohne erkannt zu werden, und verringere somit das Risiko strafrechtlicher und vor allem beruflicher Konsequenzen.

Zudem wirke eine solche Erscheinung vor allem auf Jugendliche attraktiver als die bisherigen szenetypischen Kleidungsstile. Doch die vielbeschworene Einheit war eher von kürzerer Dauer. Seitdem die NPD 2004 bei den Landtagswahlen in Sachsen erstmals seit mehr als 30 Jahren wieder in ein Landesparlament einziehen konnte, kam es immer wieder zu Verstimmungen zwischen den einzelnen Lagern innerhalb der "nationalen Bewegung". Zwar sorgten die zahlreichen Wahlkämpfe wie die Bundestagswahl 2005 und die Landeswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Berlin 2006 sowie der Wahlerfolg der NPD in Mecklenburg-Vorpommern im gleichen Jahr für einen stärkeren Zusammenhalt. Seit Anfang des Jahres nahmen die internen Querelen aber stetig zu.

Die erwähnte Erklärung des Parteipräsidiums sorgte nun dafür, daß der Konflikt offen ausbrach. Immerhin hieß es dort unter anderem: "Wir werten nicht nach Haarlänge oder privatem Musikgeschmack", aber: "Wer eine Demonstration mit einem Faschingsball verwechselt, soll ihr lieber fernbleiben." Seitdem ist auf dem NPD-nahen Internetportal Altermedia eine hitzige Diskussion zwischen Vertretern der Parteilinie und "freien Kräften" entstanden. Die einen sehen in der Erklärung "eine weise Entscheidung" der NPD, da es "nichts Lächerlicheres (gebe), als die Linksautonomen nachzuahmen und einen auf Bürgerschreck zu machen."

Andere haben "die Schnauze endgültig voll", "die 'Zettelverteiler' für die Herren von der Partei zu spielen". Sie betrachten die zunehmende "bürgerliche" Attitüde der "Parteibonzen" als Verrat und erklären ihren Austritt aus der NPD, die heute "ohne Hilfe der freien Kräfte" nicht das wäre, "was sie ist".

Wie groß die Kluft zwischen der sich bürgerlicher gerierenden NPD und den radikaleren "freien Kräften" ist, zeigt folgender Kommentar auf Altermedia: "Wer glaubt, er könne die BRD durch die Parlamente ablösen oder gar die schöne alte BRD-Gemütlichkeit wiederhaben, täuscht sich gewaltig. Schwarze Blocks sind eine sinnvolle Weiterentwicklung zu reaktionären Kostümnazis." Zwischen den beiden Lagern gibt es allerdings auch immer wieder Stimmen, die zur Einheit mahnen. Zwar gehe die Erklärung der NPD zu weit, und überhaupt lese sich ihr Parteiprogramm "wie der Wunschzettel des kleinen Fritz an den Weihnachtsmann", dennoch sei eine "Partei unverzichtbar zur Erlangung der politischen Macht".

Der gesamte Streit erinnert in manchem stark an die Auseinandersetzung der NSDAP-Parteiführung mit ihrem nationalbolschewistisch/nationalrevolutionären Flügel der späten zwanziger und frühen dreißiger Jahre: auf der einen Seite der von Hitler vorgegebene Legalitätskurs mit dem Ziel, über die Parlamente an die Macht zu gelangen, auf der anderen Seite die "Schwarze Front" und die Berliner "Beefsteak-SA" ("außen braun, innen rot") um Personen wie Otto Strasser und Walther Stennes, die in der Partei maximal das Mittel zum Zweck sahen. Die NSDAP entledigte sich bekanntlich dieses Flügels in radikaler Form. Man darf also gespannt sein, wie die NPD bei ihrem Versuch, in den nächsten Jahren in weitere Landesparlamente einzuziehen, vorgehen wird.


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