© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/07 07. September 2007

Fataler Kurswechsel
Menschenrechte: Amnesty fordert weltweite Legalisierung der Abtreibung
Odila Carbanje

Unrecht mit Unrecht vergelten, so könnte man die neue Politik von Amnesty International überschreiben, wenn die Internationale Ratstagung als höchstes Beschlußgremium von Amnesty fordert, "daß allen Frauen legaler und sicherer Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch gewährleistet wird, wenn Schwangerschaft aus einer Vergewaltigung, sexuellen Nötigung oder Inzest resultiert".

Die Frau, der Gewalt angetan wurde, soll nun ihrerseits mit Gewalt an einem unschuldigen Dritten ganz legal antworten können. Doch ist das eine Lösung, eine wirkliche Hilfe? Eine Abtreibung hat zwei Opfer: Sie kostet ein ungeborenes Kind das Leben, und die betroffene Frau leidet in der Regel ebenfalls ihr Leben lang unter den verschiedensten gesundheitlichen und seelischen Störungen, dem sogenannten "post abortion syndrom" (PAS).

Die Forderungen von Amnesty gehen aber noch weiter. Frauen, die eine Abtreibung vorgenommen haben oder eine solche planen, sollen nicht strafrechtlich belangt werden.

Die Grundrechte eines Menschen enden da, wo sie die eines anderen tangieren. Das war einer Organisation wie Amnesty, die mutig und unabhängig die Einhaltung der Menschenrechte weltweit anmahnt, bisher auch bekannt. Sogenannte "Frauenrechte" dürfen jedoch nicht das Lebensrecht eines ungeborenen Kindes verdrängen. Noch erschreckender ist die Tatsache, daß Amnesty Abtreibung als Frauenrecht proklamiert. Widney Brown, Leiterin für Politik und Kampagnen bei Amnesty, gab in einem Interview gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters zu verstehen, daß Amnesty Abtreibung als Recht für Frauen ansieht, denen schwere Gesundheitsschäden oder gar Lebensgefahr drohen. Was eine schwerwiegende Bedrohung darstellt, wird von Amnesty indes offengelassen. Auf den ersten Blick erinnert die Aussage an die medizinische Indikation des Paragraphen 218 aus dem deutschen Strafgesetzbuch. Allein 614 statistisch gemeldete Spätabtreibungen (nach der 20. Woche) wurden 2006 in Deutschland nach der medizinischen Indikation durchgeführt. Abtreibung bis zur Geburt wurde möglich. Der Gesetzgeber gibt vor, diese katastrophalen Auswirkungen nicht gewollt zu haben, und so werden Nachbesserungsvorschläge parteiübergreifend diskutiert - leider ohne Ergebnis.

Das Recht auf Leben bildet das elementarste Grundrecht, von dem sich alle anderen Grundrechte ableiten. Mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verpflichtet sich Amnesty, "gegen schwerwiegende Verletzungen der Rechte eines jeden Menschen auf Meinungsfreiheit, auf Freiheit von Diskriminierung sowie auf körperliche und geistige Unversehrtheit" einzutreten. Wirklich eines jeden Menschen? Aussagen der amtierenden Generalsekretärin Irene Khan lassen daran zweifeln: "Gemäß Menschenrechtsgesetzgebung gibt es kein Recht auf Leben für einen Fötus." Ab wann beginnt das menschliche Leben für Frau Khan?

Nicht nur die Amnesty-Kampagne "Stoppt Gewalt gegen Frauen" fordert ein Abtreibungsrecht für Frauen, sondern auch die internationale Kampagne "16 Tage gegen Gewalt an Frauen" im November/Dezember 2005, an der sich Amnesty beteiligte. Auch dabei handelte es sich nicht allein um den berechtigten Einsatz, Gewalt gegen Mädchen und Frauen zu verhindern. Die beteiligten Netzwerk-Organisationen, unter ihnen auch International Planned Parenthood Federation (IPPF), setzen sich geschlossen für eine Verankerung des sogenannten "Rechts auf reproduktive Gesundheit" ein: Wer diese Klauseln kennt, weiß, daß das im Klartext "Freier Zugang zu Abtreibungen" bedeutet.

An diesem Punkt zeigt sich deutlich, worum es tatsächlich geht: die internationale Legalisierung von Abtreibungen. Dieses Ziel wird von Uno-Untergliederungen und Abtreibungsbefürworten wie IPPF schon seit Jahrzehnten verfolgt. Es ist verheerend, daß sich eine Organisation wie Amnesty International diesen Bestrebungen anschließt.

Alfred de Zayas, Völkerrechtler und ehemaliger Sekretär des Uno-Menschenrechtsausschusses, erklärte in einem Beitrag für die Zeitschrift Menschenrechte  schon 2006: "Als Katholik halte ich die Diskussion bei Amnesty International für einen Angriff auf das Wesen der Menschenrechte. Entweder ist das Leben heilig, oder es ist es nicht. Man kann nicht für das Leben eines Mörders plädieren und sich gegen die Todesstrafe einsetzen, um dann gleichzeitig den Massenmord an den menschlichen Föten gutheißen. Grotesker noch, denn es ist die Rede von einem sogenannten 'Menschenrecht auf Abtreibung', eine atemberaubende intellektuelle Unredlichkeit, Hohn und Unbarmherzigkeit dem Leben gegenüber."

Kardinal Martino, der Präsident des päpstlichen Menschenrechtsrates "Justitia et Pax", forderte die Katholiken auf, Amnesty "den Rücken zu kehren", falls dieser Kurswechsel tatsächlich vollzogen wird. Diese Empfehlung muß man an alle weitergeben, die gegen Gewaltanwendung jeglicher Art eintreten und für das uneingeschränkte Lebensrecht aller Menschen - ob alt, krank, schwach und wehrlos, ob geboren oder ungeboren - einstehen.

 

Odila Carbanje ist stellvertretende Bundesvorsitzende der Christdemokraten für das Leben  (CDL).


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