© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/07 24. August 2007

"... die Erde still geküßt"
Magie der Poesie: Eine Reise durch die deutsche Romantik
Richard Stoltz

Was bedeutet den Deutschen heute im Zeitalter allgemeiner Sprachverrohung und Sinnentleerung noch ein Heinrich Heine, Nikolaus Lenau oder ein Joseph von Eichendorff? Oder überhaupt die deutsche Romantik?

Eine Antwort darauf gaben unlängst die Stuttgarter Schriftstellerin Gerda Wittmann-Zimmer (Programmgestaltung und Rezitation) und der aus Hamburg ins Ländle übergesiedelte Chansonnier Axel Michael Sallowsky (als Sänger und am Flügel) im Stuttgarter Steinway-Saal mit ihrem Romantik-Programm "Es war, als hätt' der Himmel die Erde still geküßt" .

Was die beiden da zum besten gaben, war eine literarisch-musikalische Lehrstunde der besonderen Art, ohne erhobenen Zeigefinger, allein der "romantischen Sache" dienend, behutsam den Geist jener einst so aufregenden Epoche erspürend und für heutige Hörgewohnheiten ganz ohne schnörkelhaftes Pathos vorgetragen.

"Ich weiß nun wieder", so äußerte sich entzückt ein Besucher nach einer der Vorstellungen, "welch großartige Dichter wir haben und wie schön unsere deutsche Sprache ist, wenn sie so dargeboten wird wie von diesen beiden Künstlern."

Und in der Tat: Die Schriftstellerin (sie ist auch Vorsitzende des Freien Deutschen Autorenverbandes, Sektion Baden-Württemberg) und der Musiker führten das Publikum mit ihrem originellen, sorgsam und liebevoll zusammengestellten Programm auf einer vergnüglichen Reise durch die deutsche Romantik und servierten den Besuchern eine niveauvolle und pointierte Mixtur aus Literatur und Musik, in der jedes gesprochene und gesungene Wort und auch jeder auf dem Flügel angeschlagene Ton zu einem zarten Laut- und Gemütsgemälde wurde.

So vermochte sich im Saal auch niemand der Magie und der Poesie in dem wunderbaren Eichendorff-Text zu entziehen, der eine zentrale Rolle in der Dramaturgie des Romantik-Programms spielt: "Es war, als hätt' der Himmel die Erde still geküßt, daß sie im Blütenschimmer von ihm nun träumen müßt". Dabei gelingt es Gerda Wittmann-Zimmer und Axel Sallowsky, aus ihrem Vortrag jeden Falschton und jedweden Kitsch rigoros fernzuhalten - ohne die Magie der Poesie zu verfremden oder lächerlich zu machen.

Dieser Abend war tatsächlich eine sehr vergnügliche und eben auch lehrreiche Reise in und durch die deutsche Romantik - heftiger Applaus für die beiden Interpreten. Mit diesem Programm wurde das Duo Wittmann-Zimmer & Sallowsky übrigens nach Pécs (der ungarischen Partnerstadt von Fellbach bei Stuttgart) zu einem Auftritt am 27. September dieses Jahres eingeladen.


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