© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/07 24. August 2007

"Zwanghafte Multikulti-Politik"
Islam I: Im Streit um den Bau einer Moschee in München-Sendling stehen sich Anwohner und Bürgermeister Ude unversöhnlich gegenüber
Tobias Westphal

Am 2. März 2008 wird in Bayern gewählt. Dann steht auch in München die Kommunalwahl an, bei der die Mitglieder des Münchener Stadtrats und Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) sich wieder dem Votum der Bürger stellen müssen. Dabei dürfte der Diskussion um den Bau einer Moschee im Stadtteil Sendling eine größere Bedeutung zukommen. Denn es scheint, als sei der geplante Bau des islamischen Gotteshauses zu einer Machtprobe zwischen der rot-grün dominierten Stadtregierung und einer Mehrheit der Bürger des Stadtteils geworden.

Neben den vieldiskutierten Bauvorhaben in Köln-Ehrenfeld (siehe unten) und in Berlin-Pankow (JF 30/07) ist das Münchner Bauvorhaben das dritte große Moscheeprojekt in Deutschland.

Schon seit dem Jahr 2005 möchte der Verein Ditim (Türkisch Islamisches Gemeindezentrum München e.V.), der der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) untersteht, am Gotzinger Platz im Stadtteil Sendling eine "klassische" Moschee mit Kuppel, zwei Minaretten und einem dazugehörigen Gebäudekomplex bauen.

Kritik ruft schon der Standort hervor, denn der Bau soll inmitten eines neubarocken denkmalgeschütztes Gebäudeensemble entstehen, das auch die katholische Kirche St. Korbinian einschließt.

Seitdem kam es zur Gründung von Bürgerinitiativen, zu zahlreichen Diskussionen und zu Veranstaltungen gegen oder für den Bau der Moschee. Bei der Bürgerversammlung im Juni 2005 wie auch bei der Bürgerversammlung im Juli 2007 stimmte die Mehrheit der Bürger gegen den Bau einer Moschee. Deswegen ist die Initiative "Bürger für Sendling" sicher, daß das Engagement des Oberbürgermeisters Ude für die Moschee am Gotzinger Platz von den Münchner Bürgern zunehmend negativ beurteilt wird: Inzwischen lehnten immer mehr Münchner "diese zwanghafte Multikulti-Politik von OB Ude" ab, ist die Bürgerinitiative überzeugt.

Die "Bürger für Sendling" werden im Kommunalwahlkampf "auf ideologische Multikulti-Verwirrtheiten und deren nachteiligen, teuren Folgen für alle Münchner" hinweisen, damit möglichst viele Wähler gegen Udes Politik stimmen.

Dessen Gegenkandidat Josef Schmid (CSU) sei dagegen ein wach-kritischer Politiker, der eine türkisch-muslimische Zentralmoschee am Gotzinger Platz sehr skeptisch sehe. "Uns Sendlingern fällt da die Wahl nicht schwer - und das werden wir auch kommunizieren", sagte die Bürgerinitiative gegenüber der JUNGEN FREIHEIT.

Auch die Befürworter der Moschee am Gotzinger Platz befürchten einen Stimmenverlust für linke Parteien in Sendling. Wer dem allgemeinen Stimmengemurmel auf der Sendlinger Bürgerversammlung im Juli zugehört hat, vernahm über Ude öfter den Satz: "Kein Sendlinger wählt den mehr."

Die Diskussion um den Moscheebau in Sendling wird auch zukünftig weitergehen. Auf mehreren Seiten im Internet wird bereits dazu aufgerufen, Diskussionsveranstaltungen zu besuchen. Doch scheint gerade das der Stelle für interkulturelle Arbeit der Stadt München nicht recht zu sein. Deren Mitarbeiterin Margret Spohn lud mit dem Hinweis ein, die nächste Veranstaltung werde unter Polizeischutz stattfinden. "Das letzte Mal haben radikale rechte islamophobe Gruppen meine Veranstaltung im Eine-Welt-Haus (Titel: Scharia und Grundgesetz) gesprengt. Ich sah die Sicherheit des Referenten und meine eigene nicht gewährleistet und habe abgebrochen. Auf den entsprechenden Webseiten wird auf meine Veranstaltung hingewiesen mit dem Aufruf, möglichst zahlreich zu erscheinen."

Vermittelnd versucht die katholische Kirche zu agieren - zur Unzufriedenheit von Befürwortern wie Gegnern des Moscheeprojekts. Für die Gegner war das Verhalten des Erzbischöflichen Ordinariats als auch der Pfarrei St. Korbinian bisher "extrem zurückhaltend", da die katholische Kirche "mit einer windelweichen Presseerklärung versuchte, sich völlig aus einer Auseinandersetzung 'Hier Islam - hier katholische Kirche' herauszunehmen". Auch die Befürworter der Moschee sind enttäuscht von der "Raushaltepolitik" der Kirche, denn sie erwarteten "im Sinne einer christlichen Nächstenliebe eine Nachbarschaft mit Muslimen".

Die Mitglieder der Initiative "Bürger für Sendling" werden sich weiter engagieren. Denn ihrer Auffassung nach hat sich Ude in die Idee des Moscheebaus "mehr als verrannt - schließlich ist er Ehrenbürger im ostanatolischen Pülümür geworden, mit einem dortigen 'Christian-Ude-Kulturzentrum', und von einem Istanbuler Bürgermeister - der nach München anreiste - ist er für seinen Einsatz zur Durchsetzung der türkisch-islamischen Zentralmoschee in Sendling öffentlich ausgezeichnet worden".

Die "Bürger für Sendling" erwarten von der Stadtverwaltung "kein 'faires Verfahren', bei dem die Einwände der Sendlinger und Münchner sorgfältig-neutral abgewogen werden, "ergebnisoffen", wie es der CSU-Kandidat Schmid gefordert hat. Deswegen hat die Bürgerinitiative die ersten Vorbereitungen für ein Bürgerbegehren schon getroffen.

Foto: Modell der geplanten Moschee: Der Bau soll inmitten eines denkmalgeschützten Ensembles entstehen

Internetseite der Münchner Moscheekritiker:  www.buerger-fuer-muenchen.de


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