© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/07 10. August 2007

Zeitschriftenkritik: The American Spectator
Aus konservativer Perspektive
Wolfgang Fenske

Wer ein Nachrichtenmagazin wie Time, Newsweek oder The Economist abonniert hat, um seine Englischkenntnisse aufzufrischen, und sich ärgert, dabei unweigerlich mit den Ideologemen des angelsächsischen Liberalismus belästigt zu werden, sollte es einmal mit The American Spectator versuchen. In Format und Heftstärke den prominenteren Mitbewerbern vergleichbar, erscheint es zwar nur monatlich, kann dafür aber mit thematisch breit gefächerten Beiträgen aus konservativer Perspektive aufwarten.

In der aktuellen Ausgabe des American Spectator, einer Doppelnummer für die Monate Juli und August, steht der demokratische Präsidentschaftskandidat Barack Obama im Mittelpunkt der Titelgeschichte. Ihm traut Hauptstadtreporter Philip Klein ungleich mehr zu als seiner parteiinternen Rivalin Hillary Clinton. Der "charismatische Frischling" Obama habe nicht nur das Zeug, Hillary zu schlagen, er könne auch so etwas wie ein positives liberales Lebensgefühl etablieren - etwa so, wie es Ronald Reagan in den achtziger Jahren für den Konservatismus gelungen sei.

Victor Davis Hanson, Senior Fellow an der Hoover Institution, einer konservativen Denkfabrik in Stanford/Kalifornien, fragt angesichts der Lage im Irak nach dem Selbstverständnis der US-Militärdoktrin: "Ist die große Tradition der Freiheitsarmee an ihr Ende angelangt?" Nachdrücklich plädiert er für eine ethisch verantwortete Militärdoktrin, die militärische und ökonomische Eigendynamiken vermeiden soll. Das hindert Hanson freilich nicht daran, an der Legitimität von Feldzügen, die anderen Staaten die Demokratie bringen, grundsätzlich festzuhalten. Ein "Interventionsverbot für raumfremde Mächte", wie es einst Carl Schmitt forderte, fällt in einem Kulturkreis, der sich historisch über eine Landnahme definiert, kaum auf fruchtbaren Boden.

Neben solchen längeren Artikeln bietet The American Spectator diverse kürzere Beiträge, so etwa Berichte über den Politikwechsel in Frankreich unter Sarkozy (dessen Konservatismus Frankreich den "Frühling" bringe), über eine Darwinismus-Debatte am konservativen American Enterprise Institute (die dort, aber auch im American Spectator gar nicht gern gesehen wird) sowie über Tony Blairs beabsichtigte Konversion zur römisch-katholischen Kirche (die das Blatt zu einer grundsätzlichen Besinnung über das Verhältnis von Staat und Kirche in Großbritannien veranlaßt).

Unter den kulturellen Beiträgen sticht der des bekannten konservativen US-Philosophen Roger Scruton von der Universität Boston hervor. Er vertritt die These, daß sich das Ästhetische aus dem Raum öffentlicher Kunst ins Private zurückgezogen habe. Das zur Schau gestellte Unästhetische drohe unterdessen alle Werte und Wahrheiten in Frage zu stellen.

Thematische Bandbreite und inhaltliches Niveau des American Spectator beeindrucken um so mehr, als selbst in den USA die Auflage konservativer Publikumszeitschriften selten die Marke von 15.000 Exemplaren übersteigt. Gleichwohl existiert ein breiter Markt, in dem der American Spectator eine Führungsposition einnimmt.

Anschrift: The American Spectator, P. O. Box 2114, Marion, OH 43306-8214, Internet: www.spectator.org. Einzelheft 5,95 US-Dollar, Jahresabo (einschl. Onlineausgabe) 59 US-Dollar.


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