© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/07 10. August 2007

Kolumne
Legitime Forderungen
Norbert Geis

Die Diskussion über Zuwanderung in Deutschland hat eine lange Tradition. Jetzt bekommt diese Diskussion durch den Ruf nach Fachkräften aus dem Ausland einen neuen Akzent. Laut der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) "entspricht der Mangel an derzeit 22.000 Ingenieuren in Deutschland einer ausbleibendenden Wertschöpfung von 3,7 Milliarden Euro". In Europa fehlen rund 700.000 Wissenschaftler, von denen auf Deutschland 70.000 entfallen. Die Forderung nach erhöhter Zuwanderung von ausländischen Fachkräften erscheint deshalb berechtigt.

Die Wirtschaft wird nicht müde, den Fachkräftemangel zu beklagen, und fordert gelockerte Zuwanderungsbedingungen. Mit der Herabsetzung der Mindestinvestitionssumme von einer Million auf 500.000 Euro und der Zahl der zu schaffenden Arbeitsplätze von zehn auf fünf kommt das neue Zuwanderungsgesetz der Wirtschaft entgegen - wie auch der Vorschlag, die Bruttoeinkommensgrenze für Bewerber aus Nicht-EU-Staaten von 85.000 Euro auf 40.000 Euro jährlich herabzusetzen.

Gleichzeitig wird jedoch übersehen, daß jährlich 50.000 Absolventen unserer Hochschulen in andere Länder abwandern. Inzwischen verdienen über 900.000 hervorragende deutsche Fachkräfte im Ausland ihr Geld. Oberste Priorität muß aber sein, unsere eigenen Fachkräfte durch entsprechende Angebote hier zu behalten. Der dann noch verbleibende Bedarf kann und soll durch die Anwerbung ausländischer Fachkräfte gedeckt werden. Dies ist auch im Sinne unserer Konkurrenzfähigkeit im internationalen Wettbewerb. Leider steigt die Terrorgefahr in Europa stetig, und Deutschland bildet dabei schon lange keine Ausnahme mehr. Daß die Drahtzieher und Attentäter oftmals gut ausgebildete Ärzte und Ingenieure, also Fachkräfte sind, haben die neuerlichen Anschläge in Großbritannien gezeigt.

Es geht um die Selbstverantwortlichkeit der Migranten, um Kenntnisse der Sprache, des Rechts- und Gesellschaftssystems, um die Anerkennung der kulturellen Werte und auch um die finanzielle Unabhängigkeit. Dies sind legitime Forderungen. Sie als Diskriminierung zu denunzieren, ist absurd.

Schon heute ist die Integration von Zugewanderten, vor allem mit muslimischen Hintergrund, schwierig. In unseren Großstädten entstehen mehr und mehr Parallelgesellschaften. Das führt unweigerlich zu Konflikten. Deutschland braucht eine gewisse Zuwanderung in die Wirtschaft, nicht aber in unsere Sozialsysteme.

 

Norbert Geis (CSU) ist Mitglied des Deutschen Bundestages und lebt als Rechtanwalt in Aschaffenburg.


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