© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/07 27. Juli / 03. August 2007

Ehrenerklärung für General Günzel
Bundeswehr: Bundesregierung sieht keine Verfehlungen während der Dienstzeit des ehemaligen KSK-Kommandeurs / Anfrage der Linken
Felix Krautkrämer

Daß Armee und Tradition in Deutschland in keinem normalen Verhältnis zueinander stehen, bewies nicht zuletzt der Vorschlag der Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), nach welchem die Bundeswehr einige ihrer Kasernen nach hingerichteten Deserteuren benennen solle (JF 27/07). Beinahe zwanghaft wird versucht, der Bundeswehr eine Identität zu verordnen, die sich unter keinen Umständen auf Verbände oder Personen vergangener deutscher Armeen beruft. Einziger "Maßstab für Traditionsverständnis und Traditionspflege in der Bundeswehr sind das Grundgesetz und die der Bundeswehr übertragenen Aufgaben und Pflichten", so die offizielle Vorgabe. Eine Ausnahme bildet allenfalls der militärische Widerstand, und selbst dieser ist nicht frei von Kritik.

Wer dagegen behauptet, für Teile der Bundeswehr seien einzelne Wehrmachtseinheiten traditionsstiftend und als militärisches Vorbild zu erachten, der sieht sich schnell einem entrüsteten Protest gegenüber. Diese Erfahrung mußten auch die ehemaligen Kommandeure des Kommandos Spezialkräfte (KSK), Brigadegeneral a. D. Reinhard Günzel, und der GSG 9, Generalmajor a. D. Ulrich K. Wegener, machen. In einem gemeinsamen Buch ("Geheime Krieger", Verlag Pour Le Mérite, 128 Seiten, gebunden, 2006) hatten sie angeführt, daß KSK und GSG 9 über Traditionslinien verfügten, die durchaus weiter als bis zur Gründung der Bundeswehr zurückgingen. Nämlich auf das "Lehr-Regiment Brandenburg z.b.V. 800", einem Sonderverband der Wehrmacht, welcher dem Amt Abwehr unterstand. 

Die dadurch vorprogrammierte Empörung ließ nicht lange auf sich warten. So forderte der Kieler SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Bartels medienwirksam, die Pensionsansprüche von Günzel und Wegener zu überprüfen. Beide hätten gegen das Mäßigungsgebot verstoßen, nach welchem sich Beamte und Soldaten nicht extremistisch orientieren dürften (JF 11/07). Das Ansinnen wurde von Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) allerdings abgelehnt (JF 19/07).

Ende Mai wollte es dann die Bundestagsfraktion der Linkspartei ganz genau wissen und stellte eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung, in der sie fragte, inwieweit dem KSK und der GSG 9 eine "verbrecherische Wehrmachtdivision als mögliche Traditionsgeberin" diene. Die in typischer DDR-Diktion formulierte Anfrage stützte sich dabei unter anderem auf die Erkenntnisse des ehemaligen Mitarbeiters der Wehrmachtsausstellung, Hannes Heer.

Die Antwort der Bundesregierung widerlegt allerdings nun die Einschätzung der Linksfraktion. Eine Anlehnung an Kommandoverbände der früheren Wehrmacht findet nicht statt, da für die Soldaten des KSK ihre "besondere Qualifikation und der Stolz, eine harte und fordernde Ausbildung erfolgreich durchlaufen zu haben", im Mittelpunkt ihres Selbstverständnisses stehe.

Auch die von der Linksfraktion angeführte Kritik, daß Günzel anläßlich einer Verleihung des KSK-Kommandoabzeichens 2001 dieses mit dem "Ritterkreuz der faschistischen Wehrmacht gleichsetzte", bewertet die Bundesregierung gelassen: "Das Ritterkreuz, in der Version ohne Hakenkreuz" sei gemäß Ordensgesetz ein "in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenes Ehrenzeichen". "Das Verhalten der beim Verleihungsappell Anwesenden", die zur Empörung der Linksfraktion keinen Protest gegen diesen Vergleich geäußert hatten, beurteilt die Bundesregierung als "sachgerecht".

Des weiteren nahm die Linkspartei den Umstand, daß mit Henning von Tresckow und Rudolf-Christoph Freiherr von Gersdorff zwei Offiziere aus dem Kreis des 20. Juli während des Feldzuges gegen die Sowjetunion einen "völkerrechtswidrigen" Einsatz der Brandenburger organisierten, zum Anlaß, deren Vorbildfunktion für die Bundeswehr in Frage zu stellen. Doch auch das wertet die Bundesregierung anders, denn "die Vorbildfunktion der zur Rede stehenden Offiziere" resultiere "aus ihrem Wirken im militärischen Widerstand".

Und selbst Antworten auf Fragen, die offenkundig der bloßen Diskreditierung Günzels und Wegeners dienen sollten, kommen beinahe einer Ehrenerklärung gleich: Der Bundesregierung sei "nichts über etwaige wehrmachtsverherrlichende Auffassungen"  aus Wegeners Dienstzeit bekannt. Und auch über "rechtsextremistische Auffassungen Brigadegeneral a. D. Günzels während seiner aktiven Dienstzeit als Kommandeur KSK" lägen keine Erkenntnisse vor. Die Erklärung, warum Günzel dann aber im November 2003 vom damaligen Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) unehrenhaft entlassen wurde, blieb die Bundesregierung allerdings schuldig.

Foto: Soldaten des Kommandos Spezialkräfte während einer Übung: Streit um Wehrmachtsbezug


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