© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/07 13. Juli 2007

WIRTSCHAFT
Neue Propheten
Wilhelm Hankel

Die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung wird sich in Zukunft auf ein neues Team von Konjunkturforschungsinstituten stützen: das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), das RWI Essen mit dem IHS Wien, das Münchener Ifo-Institut mit der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (Kof) sowie das Trio aus IWH Halle/Saale, IMK Düsseldorf und dem Wifo Wien. Ob dadurch Prognosen und Politik bessere werden, bleibt jedoch abzuwarten. Herausgeflogen sind das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin (das traditionsreichste in Deutschland; es wurde 1925 von dem Konjunkturforscher Ernst Wagemann gegründet) und das 1990 unter der Ägide von Ministerpräsident Lothar Späth (CDU) in Mannheim aus der Taufe gehobene Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW).

Im DIW hatte sich der Chef Klaus Zimmermann persönlich um gute Beziehungen zur Bundesregierung bemüht und seinen unbequemen, weil "keynesianisch" argumentierenden und den Gewerkschaften nahestehenden Konjunkturchef Gustav Horn samt Mitarbeitern vor die Tür gesetzt. Jetzt rückt der Geschaßte mit seinem IMK in die Spitze auf, während der Chef und seine linientreue Mannschaft das Nachsehen haben. Im ZEW hatte man die Vorliebe der Bundesregierung für das Europäische zu wörtlich genommen und darüber die schwäbische Hausmannskost vernachlässigt. Und die Moral der bizarren Geschichte? Der Prophet sollte seine Ware nicht am "gefühlten" Kundeninteresse orientieren. Schon im alten Rom hielten staatlich bezahlte Zukunftsdeuter und Sachwalter der res publica ihre Kreise sorgfältig getrennt. Obwohl ihrer Analyse nur Vogelinnereien zu Grunde lagen, sagten sie die Ermordung Caesars taggenau voraus.


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