© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/07 13. Juli 2007

Aufgeschnappt
Gewalt als probates Konzept
Matthias Bäkermann

Vergangene Woche stellte das Amtsgericht in Landsberg am Lech das Verfahren gegen Wolfram Kastner und Claus-Peter Lieckfeld "wegen der Geringe der Schuld" das Strafverfahren ein. Die beiden hatten im Oktober 2006 einen Gedenkstein für den 1923 von der französischen Besatzungsmacht ermordeten Freikorpskämpfer Albert Leo Schlageter beschädigt und aus dem Betonsockel gestürzt. Daraufhin erstattete der Landsberger Oberbürgermeister Ingo Lehmann (SPD) Anzeige wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung, da die Gedenksäule städtisches Eigentum war. Kastner, der sich als Aktionskünstler bezeichnet und dessen Steckenpferd publikumswirksames "Aufarbeiten" des Nationalsozialismus ist, war auf das "Nazi-Denkmal" 2003 gestoßen und forderte danach in mehreren Briefen Lehmann auf, den Stein "symbolisch" aus dem Fundament zu kippen und mit einer "erklärenden Informationstafel" zu versehen, da der "Reaktionär" Schlageter nach 1933 als Märtyrer verehrt wurde. Als dieser ablehnte, nahmen Kastner und sein Komplize Lieckfeld die Sache selbst in die Hand.

"Das Urteil zeigt, daß ein Denkanstoß straffrei ist", fühlte sich Kastner nach dem Prozeß gegenüber Welt online bestätigt und wird die indirekte richterliche Anregung zur "Umgestaltung" der noch existierenden etwa 25 Schlageter-Gedenkstellen in Deutschland verstehen. Statt 6.000 Euro Schadensersatz zu zahlen, kommt nämlich jetzt der Steuerzahler für des "Künstlers" ursprüngliche Konzeptrealisierung auf: Der noch auf einem Bauhof liegende Stein soll am früheren Ort mit Infotafel als "Mahnmal gegen den Nationalsozialismus" wieder plaziert werden.


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