Aufgeschnappt
Ruf lieber die Feuerwehr!
Matthias Bäkermann

Die Situation ähnelte einem "Tatort"-Krimi: Bei einer bundesweiten Polizeiaktion mit über 600 Beamten gegen die Rocker-Gruppe "Gremium MC", die diverser Kapitaldelikte wie Förderung der Prostitution, illegalen Waffenbesitzes und anderer milieutypischer Delikte verdächtigt wird, versuchte ein mit Maschinenpistolen und schußsicheren Westen ausgestattetes Kommando der Bereitschaftspolizei auch im nordbadischen Sinsheim ein Clubhaus der Rocker zu stürmen. Tückischerweise war die Tür in dem ehemaligen Bordell nicht so schnell zu knacken. Statt lautstark den Rammbock zum Aufbruch zu nutzen, alarmierte man die ahnungslosen Männer der Freiwilligen Feuerwehr, die das Schloß an der Eingangstür entfernten. "Das ganze Gelände war umstellt von bewaffneten Leuten", beschreibt Stadtbrandmeister Michael Hess die brisante Szenerie vom 10. Mai. "Das war ein völlig ungefährlicher Einsatz", schätzt dagegen der Sprecher des Stuttgarter Polizeipräsidiums die Lage nachträglich ein, "die Polizei war sicher, daß niemand drin war." Maschinenpistolen und schußsichere Westen seien nur wegen allgemeiner "Grundsätze der Eigensicherung" eingesetzt worden.

Mittlerweile beschäftigt die seltsame Amtshilfe sogar die Landespolitik. Sinsheims Oberbürgermeister Rolf Greinert nimmt die Feuerwehrmänner in Schutz und spricht von einem Skandal. Der aus dem Landkreis stammende SPD-Landtagsabgeordnete Reinhold Gall hat bereits eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt. Das Innenministerium zeigt sich jedoch zugeknöpft - im Familienstreit innerhalb der Exekutive scheut man gegenüber der Presse scheinbar jede Parteinahme.