© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/07 22. Juni 2007

Manche Enten sind Selbstläufer
Sensationsjournalismus: Frank Wisbars "Nasser Asphalt" auf DVD erschienen
Werner Olles

Lange bevor die Achtundsechziger den Springer-Konzern wegen angeblicher Meinungsmanipulation angriffen, setzten sich deutsche Regisseure mit Themen wie Macht und Mißbrauch der Medien sowie Ethik und Moral im Journalismus filmisch auseinander. 1958 drehte Frank Wisbar, der bis dahin vor allem durch seine Kriegsfilme "Haie und kleine Fische", "Hunde, wollt ihr ewig leben?" und "Nacht fiel über Gotenhafen" (JF 25/07) bekannt geworden war, "Nasser Asphalt". Der Titel spielte deutlich auf den in den fünfziger Jahren modern gewordenen "Asphaltjournalismus" an, aus dem dann später - ein wenig abgemildert - der sogenannte "Boulevardjournalismus" werden sollte.

Das Drehbuch schrieb Will Tremper, selbst ein ausgefuchster Journalist, Polizeireporter beim Berliner Tagesspiegel, später Autor für das Boulevardblatt B.Z., den Stern und die Welt am Sonntag, und so konnten die Zuschauer davon ausgehen, daß hier ein "Insider" am Werk war, der wußte, worum es ging. Die mit prominenten Darstellern besetzte Geschichte hat zwar durchaus Elemente der Kolportage und Melodramatik zu bieten, doch überwiegt die Zeitkritik bei weitem. Es geht um einen routinierten, mit allen Wassern seines Berufs gewaschenen Starreporter, der seine Artikel an über 200 Zeitungen weltweit verkauft. Dieser Cesar Boyd (Martin Held) hat es zu einer noblen Villa im Grunewald gebracht und läßt sich von seinem Chauffeur (Gert Fröbe) in einem schicken amerikanischen Straßenkreuzer durch die Gegend kutschieren. Doch nun kommt er langsam in die Jahre und wird müde. So holt er sich den jungen, ehrgeizigen Reporter Greg Bachmann (Horst Buchholz) an seine Seite, der gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde.

Bachmann bewundert den großen Boyd, den er sich zum Vorbild nimmt. Die beiden werden schnell ein eingespieltes Team, doch dann passiert es. Abgelenkt durch die hübsche Bettina (Maria Perschy), Boyds Patenkind, vergessen sie einen Artikel für eine französische Zeitung abzuliefern. Doch der gewiefte Journalist weiß auch jetzt wieder Rat. Kurzerhand erfindet er eine Geschichte und bauscht die Falschmeldung bewußt zur Sensation auf: Kurz vor Kriegsende sollen in einem Bunker bei Gdingen (Gotenhafen) fünf deutsche Soldaten eingeschlossen worden sein, und einer von ihnen soll überlebt haben. Die Polen aber würden den blinden Landser nicht herausgeben. Die Nachricht erregt zwar weltweit Aufsehen, doch bringt sie ihren Erfinder in immer größere Schwierigkeiten und hat schließlich tragische Folgen. Und der junge Bachmann muß sich nun entscheiden, ob er auch weiterhin zu seinem gewissenlosen, perfiden Lehrmeister hält oder das gewaltige Lügengebäude auffliegen läßt ...

"Nasser Asphalt" ist nicht nur ein fesselnder und sehenswerter Thriller über die Macht der Medien als vierte Gewalt im Staate, sondern vor allem auch ein Film über die fünfziger Jahre, jenes Jahrzehnt, das die eigentliche Geburtsära der Bundesrepublik ist. Sieht man ihn heute, 50 Jahre nach seiner Premiere, bemerkt man vor allem im Hinblick auf die täglichen Manipulationen der Medien mit Erstaunen, wie vieles anders geworden ist und wie wenig sich geändert hat.

Als Extras bietet die bei Arthaus kürzlich neu erschienene DVD neben einer Fotogalerie unter anderem Biographien von Horst Buchholz, Martin Held und Frank Wisbar.

Foto: Horst Buchholz als Reporter Greg Bachmann in dem Film "Nasser Asphalt" (1958)


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