© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/07 22. Juni 2007

"Domglocken statt Muezzinruf"
Islamisierung: Mit einer Demonstration haben Anwohner gegen den geplanten Bau der Moschee in Köln-Ehrenfeld protestiert
Anni Mursula

Wer am vergangenen Samstag die U-Bahn im Kölner Stadtteil Ehrenfeld verließ, den erwartete dort eine ungewöhnliche Szenerie: Eine aggressive Menschenmasse blockierte eine enge Straße. Um sie herum Hunderte von Einsatzpolizisten mit Schlagstöcken und Helmen.

Tagelang hatten die "Antifaschisten" deutschlandweit ihre Kräfte mobilisiert, um zur Stelle zu sein, wenn die Bürgerinitiative Pro Köln gegen die geplante Großmoschee demonstriert. Als Ergebnis nahmen an der Gegendemonstration neben dem Schwarzen Block auch ein Sammelsurium aus DGB, Mitgliedern der evangelischen Kirche sowie Ehrenfelder Parteien und Verbänden teil - insgesamt etwa fünfhundert Menschen.

Die Menge steht direkt vor einer Shell-Tankstelle in der Venloerstraße. Die mit schwarzen Kapuzenpullovern uniformierten und mit Palästinensertüchern und Sonnenbrillen vermummten Demonstranten halten "Antifa"-Fahnen und antideutsche Plakate hoch und werden auch handgreiflich: Kurz bevor die Pro-Köln-Demonstration beginnt, wird eine Rauchbombe in die Menge geschleudert. Später werden Eier und Mehlsäcke von Hausdächern auf die Demonstranten geworfen. Die Chaoten versuchen die Demonstration zudem durch zwei Straßenblockaden zu stören. Doch diese werden sofort von der 1.000 Mann starken Einsatzpolizei aufgelöst.

Nun grölen sie immer und immer wieder: "Nazis raus!" Mit "Nazis" meinen sie offenbar die hinter den Straßensperren und Polizeiketten versammelten Bürger des Stadtteils Ehrenfeld. "Ich bin kein Nazi", sagt eine siebzigjährige Frau. "Aber ich bin gegen die Islamisierung." Sie wohne hier bereits seit vierzig Jahren. Nun will sie wegziehen. Heute habe sie Angst, auf die Straße zu gehen. "Wenn die Großmoschee steht, wird es hier ein Verkehrschaos geben", sagt die 25jährige Stefanie Uhlenbrock. Auch ihr Ehemann Torsten, 33, ist zur Demonstration gekommen. "Wir Europäer sind so tolerant, dagegen werden Christen in islamischen Ländern verfolgt. Das ist nicht richtig."

Moscheebefürworter setzen Anwohner unter Druck

Eine ältere Frau nennt Köln-Ehrenfeld "Klein-Türkei". "Ich erkenne mein Viertel einfach nicht mehr wieder!" Die Anwohner betonen immer wieder, daß sie nicht ausländerfeindlich seien, nur weil sie den Bau der Moschee ablehnen. Sie befürchten ein Verkehrschaos und nicht zuletzt eine islamische Dominanz in Ehrenfeld. Unterstützung erhalten die Anwohner von der 1996 gegründeten Bürgerbewegung Pro Köln, die seit 2004 in Fraktionsstärke im Stadtparlament der Domstadt sitzt.

Seit Anfang vergangenen Jahres geht die Bürgerinitiative entschieden gegen die von der staatlichen Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) geplante Moschee vor. Höhepunkt der Kampagne war die Sammlung von 23.077 Unterschriften. Allerdings erklärte die Stadt das Bürgerbegehren Anfang Mai für unzulässig, da von den eingereichten Unterschriften 7.137 ungültig seien. Damit war nach Ansicht des Rechtsamtes der Stadt das notwendige Quorum von 22.915 Stimmen nicht erreicht worden.

Und so wird die Moschee gebaut. Alle Kölner Parteien stimmten für den Bau - nur Pro Köln war dagegen. Und 23.077 Bürger, zu deren Vertretung die überparteiliche Ehrenfelder Anwohnerinitiative gegründet wurde. "Wenn die Moschee irgendwann steht, werde ich die Minarette von meinem Balkon aus sehen", sagt die 25jährige Sprecherin der Anwohnerinitiative, Marylin Anderegg. "Und das will ich nicht." Daß sie in einen Topf mit Rechtsextremen geworfen wird, kann sie nicht verstehen. Man müsse doch in einer Demokratie seine Meinung äußern dürfen, sagt sie. Wie die linksextremen "Musterdemokraten" dagegen vorgehen, ist für sie unverständlich: "Erst heute nacht haben sie vor meinem Haus gestanden und mich mit einem Lautsprecher als Rechtsextreme und Rassistin beschimpft."

Wohlwissend, daß die Gegendemonstration der "Antifaschisten" gut besucht sein würde, hatte Pro Köln sowohl den Vorsitzenden der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), Heinz-Christian Strache, als auch Bart Debie, Antwerpener Stadtrat des belgischen Vlaams Belang, zur Unterstützung eingeladen. In seiner Abschlußrede sagte Strache, daß es ihm darum gehe, die europäische "Kultur, Heimat und Identität für unsere Kinder und Kindeskinder" zu bewahren. Er wolle, daß in Köln die Domglocken zu hören seien, nicht der Ruf des Muezzin.

Die NPD versucht, den Protest für sich zu nutzen

Einige Pro-Köln-Demonstranten halten Deutschlandfahnen, manche Tragen T-Shirts mit dem Aufdruck: "Nein zur Groß-Moschee". Die Menge wirkt bürgerlich. Entgegen vielen Medienberichten fällt hier nur ein Handvoll Demonstranten mit "kahlrasiertem Kopf" auf.

Pro Köln möchte nichts mit Rechtsextremen zu tun haben. Als etwa fünfzig NPD-Mitglieder plötzlich eine Spontandemonstration gegen den Moscheebau veranstalten wollen, wird diese von der Polizei sofort aufgelöst. "Wir wollen nicht, daß die NPD hier mitdemonstriert und uns in dieser Weise diskreditiert", sagt der Pro-Köln-Vorsitzende Markus Beisicht. Am Montag nach der Demonstration wirft die NPD der Wählervereinigung aus diesem Grund "Systemanbiederung" vor.

Die Pro-Köln-Demonstranten halten runde Schilder, auf denen eine durchgestrichene Moschee zu sehen ist, einer von ihnen trägt ein großes Holzkreuz. Vom Lautsprecherwagen erklingt klassische Musik. Sie übertönt kurzzeitig die brüllenden Linkschaoten, die weiterhin ununterbrochen "Nazis raus!" skandieren.

Nichtsdestotrotz wird das Straßenbild von der Gegendemonstration dominiert: Denn laut Polizeiangaben sind lediglich 250 Menschen zur Pro-Köln-Demonstration gekommen - etwa halb so viele wie zur Gegendemonstration. Die Bürgerinitiative selbst spricht von rund sechshundert Teilnehmern, was laut Manfred Rouhs, dem Geschäftsführer der Ratsfraktion, sehr zufriedenstellend sei. "Wir sind sehr froh, die Anwohner Ehrenfelds so erfolgreich mobilisiert zu haben", sagte er.

Und das ist offenbar keine einfache Aufgabe gewesen, bestätigen die Anwohner. "Denn die meisten haben Angst", sagt ein 68jähriger Mann, der den Umzug beobachtet. "Die Straßen sind leer, sie marschieren nicht mit, aber hinter den geschlossenen Fenstern wählen sie alle Pro Köln." Er wohne in dem Stadtteil schon sein ganzes Leben lang und wisse, daß die Mehrheit gegen die Moschee ist. "Sie trauen sich das nur nicht öffentlich zu sagen."

Fotos: Die Polizei muß die Moscheegegner vor den linksextremistischen Gegendemonstranten schützen: Rauchbombe gezündet; FPÖ-Vorsitzender Strache


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