© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/07 08. Juni 2007

WIRTSCHAFT
Steinbrücks Kartenhaus
Jens Jessen

Übermütig lacht Wirtschaftsminister Peer Steinbrück jedesmal, wenn er verkündet, die Einnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden werden bis 2011 um 125 Milliarden Euro steigen. Die Steuerschätzer schätzen, der SPD-Volkswirt nimmt dies für bare Münze. Bisher fielen sie dadurch auf, daß sie die Einnahmen regelmäßig überschätzten. 2006 wurden sie vorsichtiger und lieferten eine Unterschätzung ab. Unbestritten ist für 2007 eine Zunahme der Lohnsteuer, die der steigenden Zahl von Beschäftigten folgt. Die Mehrwertsteuererhöhung zum 1. Januar sollte wegen der von ihr erwarteten Konsumdämpfung keine großen Sprünge ermöglichen. Jetzt wird das Gegenteil erwartet, die Konsumbremse wird gelockert, die geringere Arbeitslosigkeit hat Mut gemacht.

Obwohl sich auch die Wirtschaft nach allen Umfragen 2007 nicht mehr gegen eine positive Sicht sperrt, werden die Einnahmen aus Unternehmensteuern und der anteilige Solidaritätszuschlag nur um 3,8 Milliarden Euro zunehmen. Das hat aber mehr mit den Wohltaten zu tun, derer sich die Wirtschaft erfreuen kann. So wurde die degressive Abschreibung auf das bewegliche Anlagevermögen 2006 und 2007 auf 30 Prozent erhöht. Als Anreiz für die Wirtschaft ist das gut. Für den Steuersäckel wird sich erst in der Zukunft erweisen, ob er sich durch diese Wohltat füllt. Doch Übermut tut selten gut - die Begehrlichkeiten wachsen auf einem Boden, dessen Statik auf ungewissen Voraussagen gründet. Was geschieht, wenn in unserer globalisierungssüchtigen Welt der US-Immobilienmarkt Ende des Jahres einen Zusammenbruch erfährt, die Überhitzung der Konjunktur in China zu einem wirtschaftlich Infarkt führt oder Indien mit seiner Umweltpolitik Unruhen und Aufstände provoziert?


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