© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/07 25. Mai 2007

"Die Moscheen sind unsere Kasernen"
Schweiz: Volksinitiative gegen den Bau von Minaretten angelaufen / Rechtsbürgerliche Regierungspartei SVP treibende Kraft
Frank Liebermann

Vor vier Wochen war es soweit. Die Initiative "Gegen den Bau von Minaretten" konstituierte sich in Basel am Rhein. Das Ziel der Kampagne in der Schweiz ist es, mit Hilfe einer Volksabstimmung den "politisch-religiösen Anspruch des Islams" zurückzuweisen, so die Initiatoren. Zuvor wurden bereits ähnliche Initiativen in Städten wie Zürich auf kommunaler Ebene gestartet. Da zahlreiche andere Kantone ebenfalls aktiv wurden oder sich Abstimmungen ankündigten, wollen einige prominente Politiker das Problem auf bundespolitischer Ebene lösen.

Einer der Hauptsprecher der Bürgerinitiative ist der Züricher Nationalrat Ulrich Schlüer von der Schweizerischen Volkspartei. Die SVP ging bei den Nationalratswahlen vor drei Jahren mit 32 Prozent als stärkste Kraft hervor. Dank ihres charismatischen Regierungsmitglieds Christoph Blocher, der Justizminister ist und ebenfalls zu den Befürwortern der Kampagne gehört, konnte die SVP immer wieder brisante Themen in die politische Agenda der Schweiz einfädeln. Politisch läßt sich die Partei im rechtsbürgerlich-liberalkonservativen Spektrum verorten, vergleichbar einer CSU unter Franz Josef Strauß.

Munition lieferte der Initiative ausgerechnet der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan, der 1997 bei einer Wahlveranstaltung im südostanatolischen Siirt aus einem Gedicht des 1924 verstorbenen osmanischen Poeten Ziya Gökalp zitiert hatte: "Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten." Wer den Islam in der Türkei ersticken wolle, so drohte der Islamist Erdoğan damals, werde einen "explodierenden Vulkan" auslösen. Das dem laizistischen türkische Militär verpflichtete Sicherheitsgericht in Diyarbakır (der Geburtsstadt Gökalps) schickte Erdoğan dafür vier Monate ins Gefängnis und belegte ihn (damals Bürgermeister von Istanbul) mit mehrjährigem Politikverbot.

Ulrich Schlüer vertritt die Auffassung, "der Islam stellt die Religion über das Recht". Des weiteren bildeten Teile des Islams eine Parallelgesellschaft gegenüber der einheimischen Bevölkerung der Schweiz. Damit steht der 62jährige Verleger der Schweizerzeit nicht alleine. 35 seiner 55 SVP-Fraktionskollegen haben sich der Initiative angeschlossen. Auch die christlich-wertkonservative Eidgenössische Demokratische Union (EDU) ist dabei. Nationalräte der Schweiz sind zentrale Personen im politischen Leben, vergleichbar mit deutschen Bundestagsabgeordneten. EDU-Nationalrat Christian Waber hält den Islam für "eine Kriegserklärung an den Westen" und Minarette für die "Leuchttürme des Jihad". Die St. Galler SVP-Nationalrätin Jasmin Hutter prangert seit Jahren Zwangsehen, Kinderverlöbnisse und die Blutrache an. "Allahs Töchter haben keine Rechte", kritisiert die Politikerin Islamisten und fügt hinzu: "Die Scharia darf in der Schweiz keine Geltung haben."

Laut Schätzungen leben derzeit bereits 500.000 Muslime in der Schweiz. "Damit stellt der Islam die drittgrößte Glaubensgemeinschaft", konstatiert SVP-Großrat Gregor Biffiger. Das sollte eigentlich kein Problem sein in einer aufgeklärten, offenen Gesellschaft, wo Religionsfreiheit herrsche. Aber "unter dem Deckmantel von Integration, Toleranz und Political Correctness sind die Behörden immer mehr versucht, dem wachsenden Druck nachzugeben", warnt Biffiger. "Sonderwünsche von Minderheiten werden zunehmend zum Normalfall."

Auslöser für die Initiative gab es viele. In mehreren Orten gibt es Baugesuche für Moscheen. In Wangen (Kanton Solothurn), Will (Kanton St. Gallen) und Langental (Bern) wollen muslimische Verbände Moscheen mit Minaretten bauen. Zusätzlich soll in der Hauptstadt Bern ein riesiges Islamzentrum errichtet werden. Dieses soll das größte in Europa werden und Freunde des Islams aus der ganzen Welt in die Stadt locken. Die Anwohner des Areals wünschen sich hingegen eine neue Mehrzweckhalle und mehr Parkplätze. Überall haben sich in kürzester Zeit Interessengruppen gebildet, die durch Abstimmungen auf kommunaler Ebene die Baugesuche verhindern wollen.

Die anderen Parteien zittern indes. Schon des öfteren hat das Schweizer Volk sich der parlamentarischen Mehrheit verweigert und SVP-Initiativen angenommen - gegen Medien und politischen Zeitgeist. Die Ablehnung des EU-Beitritts war eine solche Schlappe, die Verschärfung des Asylrechts 2006 eine weitere. Daher verwundert es auch nicht, daß Teile der Politik versuchen, diese Initiative zu verbieten. Kritisch äußert sich etwa der ehemalige Präsident des Bundesgerichts, Giusep Nay. Mit der Begründung, die Initiative verstoße gegen die Religionsfreiheit und die europäische Menschenrechtskonvention, agitieren Zeitungen wie Der Bund gegen das Minarett-Verbot.

Das Komitee hat bis zum 1. November 2008 Zeit, um die notwendigen 100.000 Unterschriften zu sammeln. Wird das Quorum erreicht, kann die Initiative bei einer Volksabstimmung eine Erweiterung des Paragraphen 72 der Bundesverfassung vorlegen. In einem neuen Absatz soll dann stehen: "Der Bau von Minaretten ist verboten."

Informationen unter www.minarette.ch 

Bild: Symbol der Initiative: "Eine Kriegserklärung an den Westen"


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