© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/07 25. Mai 2007

Jan Timke
Bürger in Wut
von Ronald Gläser

Während am Wahlabend bei "Bremen muß leben" die Enttäuschung genauso groß war wie zuvor die Erwartungen, wurde er beinahe zum Überraschungssieger: Jan Timke. Und das, obwohl seine Partei "Bürger in Wut" vorher kaum Beachtung gefunden hat (siehe Seite 4).

Der 36jährige Quereinsteiger, geboren in Nienburg an der Weser, ist hauptberuflich Polizist - mit Leib und Seele. Schon vor über zehn Jahren hat er sich einmal so über einen Liedtext der Toten Hosen aufgeregt, daß er Anzeige gegen die linke Punkband erstattete. In deren Titel "Bonnie und Clyde" heißt es nämlich: "Wir schießen zwei, drei, vier, fünf Bullen um, wenn es nicht mehr anders geht ..."

Die Band kommentierte die Anzeige damals mit den Worten: "Zugegeben: nicht alle Polizisten sind Bullen - ein paar von ihnen sind auch Schweine!" Die Anzeige blieb ergebnislos. Kein Wunder, daß Timke schon damals ziemlich wütend geworden ist.

Nach dem Durchbruch Ronald Schills bei den Bürgerschaftswahlen in Hamburg 2001 schloß sich Timke, der mit zwanzig als Gemeinderat einer lokalen Wählervereinigung erste politische Erfahrung sammelte, dessen Partei Rechtsstaatlicher Offensive an. 2003 wurde er, beruflich mittlerweile ins Begleitkommando des Bundespräsidenten aufgerückt, Spitzenkandidat für die Bremer Bürgerschaftswahl. Doch die verlor Schill mit 4,8 Prozent knapp. Danach zerfiel die Partei. Seitdem ist das Verhältnis zu Timkes Ex-Parteifreunden erheblich abgekühlt. Auch dienstlich ging es abwärts: Timke erlebte einen Karriereknick bei der Polizei.

Unverdrossen plante er jedoch den Neuanfang und sammelte 2004 die Reste seiner Anhänger in einer rechtsgerichteten Wählerinitiative mit dem unkonventionellen Namen "Bürger in Wut" (BIW). Immer wieder startete Timke kleine politische Aktionen, die das Profil der BIW stärken sollten. So beteiligte man sich etwa an dem inzwischen gescheiterten Volksbegehren für eine Neuwahl des Berliner Abgeordnetenhauses, lancierte eine Kampagne gegen den EU-Beitritt der Türkei oder stiftete eine Gedenktafel für Michael Newrzella, den Polizeibeamten, der von einem RAF-Terroristen 1993 in Bad Kleinen erschossen worden ist.

Eine Teilnahme bei der Landtagswahl in Berlin 2006 wurde erwogen, er entschied sich jedoch für Bremen 2007. Die kleine Partei konzentrierte ihre Kräfte allerdings ganz auf Bremerhaven - und das war richtig. In dem von Arbeitslosigkeit und Genossenfilz geprägten Appendix der Hansestadt ist es für Neueinsteiger leichter, ein Mandat zu erobern.

Mit der Parole "Protest mit Verstand" und Unterstützung des Islamkritikers Udo Ulfkotte wäre Timke beinahe in die Bürgerschaft gekommen - als einziger rechter Abgeordneter neben dem Bremerhavener DVU-Faktotum Sigi Tittmann: Timke fehlte nur eine einzige Stimme! So bleibt ihm allein der Trost, wenn schon nicht in die Bremische Bürgerschaft, dann doch wenigstens mit 5,4 Prozent und drei Abgeordneten in die Stadtverordnetenversammlung von Bremerhaven einzuziehen.


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