© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/07 18. Mai 2007

UFA: Der deutsche Film- und Fernsehproduzent setzt auf Historisches
Legenden mit Zukunft
Christoph Martinkat

Fernsehfilme zu Kapiteln deutscher Zeitgeschichte liegen voll im Trend. Nach aufwendigen Produktionen wie "Dresden" und "Die Flucht" stehen bereits die nächsten TV-Geschichtsdramen ins Haus. Dabei handelt es sich um die von UFA und teamWorx produzierten Großprojekte über den Untergang der Wilhelm Gustloff, den Reichstagsbrand und den Fall der Berliner Mauer. Ob es sich bei den fertiggestellten Filmen tatsächlich um "Legenden mit Zukunft" handeln wird, wie der ultimative Werbespruch der UFA verheißt, bleibt allerdings abzuwarten.

Skepsis ist durchaus angebracht. Drängt sich doch selbst dem Arglosesten unter den Zeitgenossen mittlerweile die Frage auf: Was steckt eigentlich hinter der nicht enden wollenden Flut an Filmproduktionen zur deutschen Zeitgeschichte? Zum einen wohl, daß sich das wiedervereinigte Nachkriegsdeutschland nach einem Gründungsmythos sehnt. Da ist die Erinnerung an nationale Katastrophen- und Aufbruchs-erlebnisse, in welcher Form auch immer sie medial wachgerufen wird, offenbar ein inneres Bedürfnis. Zudem ist die Distanz zum historischen Geschehen mittlerweile groß genug, um ohne Umschweife auch lange als heikel eingestufte Themen mit einzubeziehen. Manchmal mögen diese - laut Wahlspruch der UFA - auch tatsächlich zur Legendenbildung taugen, für pathetisches "Gefühlskino" à la Hollywood reichen sie in jedem Fall.

Im Publikum jedenfalls scheinen TV-Produzenten wie -Sender mit ihren jüngsten Geschichtsdramen einen dankbaren Abnehmer gefunden zu haben. Zumindest liegt dieser Schluß nahe, wenn man in Einschaltquoten nicht nur den Gradmesser für wirtschaftlichen Erfolg erblickt, sondern auch für das verbriefte Interesse seiner Kundschaft. Um jedoch der Mär über das gestiegene Interesse der Deutschen an der eigenen Geschichte vorzubauen, sei hier betont: Es geht den TV-Produzenten in erster Linie ums Geschäftliche. Denn momentan lassen sich mit Geschichtsdramen à la Hollywood, welche Kapitel des Dritten Reichs oder der deutschen Teilung sie auch immer behandeln mögen, richtig gute Geschäfte machen, in Europa, in Asien und in Übersee.

Firmen wie die Ufa-Filmproduktion, deren Tochter teamWorx sowie EOS Entertainment besitzen das hiesige Monopol an verfilmter oder noch zu verfilmender Zeitgeschichte, ohne sich dabei in die Quere zu kommen.

So stehen etwa UFA und teamWorx - mal wechselweise, mal vereint - für Großproduktionen wie "Dresden", "Stauffenberg", "Die Luftbrücke", "Sturmflut" sowie "Die Flucht". Auch an den aktuellen Produktionen wie "Hafen der Hoffnung - Die letzte Fahrt der Wilhelm Gustloff", "Der Reichstagsbrand" und "Das Wunder von Berlin" besitzen sie die alleinigen Rechte und stehen zudem federführend für die Konzeption. Im Fall des Mauerfall-Melodrams sieht diese dann so aus: Der anspielungsreiche Titel "Das Wunder von Berlin" wurde gewählt, nachdem ihn Sönke Wortmann nach dem vorzeitigen WM-Aus der DFB-Kicker zugunsten von "Deutschland - ein Sommermärchen" fallenließ. Die Wende-Geschichte selbst wird konfliktreich in eine DDR-Kleinfamilie verlagert und - nachdem das in erfolgreichen Filmen wie "Goodbye Lenin" und "Das Leben der Anderen" so ausnehmend gut geklappt hat - aus rein ostdeutscher Sicht erzählt. - Ob das Erfolgskalkül aufgeht?

Die größte Schiffskatastrophe aller Zeiten

Bedenklich bleibt, daß ausgerechnet das ZDF als Hauptabnehmer von Zeitgeschichte in Spielfilmformat gilt. Dessen Vorliebe für Populärwissenschaftliches ist hinlänglich bekannt. Quoten- und prestigeträchtige Formate wie Guido Knopps "ZDF History", die von Johannes B. Kerner moderierte Unterhaltungsreihe "Unsere Besten" oder eben Spielfilme wie "Dresden", die vom Sender stets vollmundig als "Event-Projekt der Superlative" angekündigt werden, sprechen da eine eindeutige Sprache. Die stets wiederkehrende Verlautbarung des ZDF, daß durch verfilmte Geschichte eine möglichst kontroverse öffentliche Debatte angestoßen werden soll, macht das Ganze letztlich vollends spannend. Schließlich sind massenkompatible Produkte wie "Dresden" so aalglatt und tief in Zeitgeist getunkt, daß jede ernstzunehmende Frage daran unweigerlich ins Leere laufen muß. Doch die Einschaltquoten stimmen.

Als nächstes kommt "Hafen der Hoffnung" ins ZDF, über "die größte Schiffskatastrophe aller Zeiten", wie es bei der UFA-Filmproduktion heißt. Wieder einmal sprengt der Etat der von Joseph Vilsmaier verfilmten Großproduktion alle Superlative. - Da jedoch mehr Geld keineswegs für mehr historische Glaubwürdigkeit und künstlerische Qualität bürgt, bleibt das Ganze abzuwarten.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen